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Revolution! Revolution? im Museum für Hamburgische Geschichte

24.04.2018 – 18.02.2019

Die Revolution von 1918/19 markiert eines der wichtigsten Ereignisse in der Geschichte Hamburgs. Sie steht nicht nur am Anfang der modernen demokratischen Ordnung des Stadtstaates, sondern ist zugleich einer der frühen historischen Umbrüche des 20. Jahrhunderts in Hamburg.

Das Museum für Hamburgische Geschichte hat sich mit seinem Ausstellungsvorhaben zum Ziel gesetzt, der Ort zu sein, an dem erstmals ein umfassender Beitrag zur Kenntnis, zum Verständnis und zur Bedeutung dieser komplexen Zeit in der Freien und Hansestadt vermittelt wird. Darüber hinaus will die Ausstellung aufgrund der überregionalen Bedeutung Hamburgs auch den nationalen wie internationalen politischen Kontext der hiesigen Umbrüche in den Blick nehmen und zu Vergleichen anregen.

Der Ausstellung kommt als Beitrag zum Verständnis der Demokratiegeschichte eine grundsätzliche gesellschaftliche Relevanz für Hamburg zu, denn sie bietet die thematische Auseinandersetzung mit historischen und gegenwärtigen demokratischen Konfliktlösungsstrategien.

In Kooperation mit

Das Themenjahr 

Aufbruch in die Demokratie: Wirkung und Nachwirkungen der Ereignisse 1918-1919. 

Unter dem Motto „Hamburg 1918.1919 – Aufbruch in die Demokratie“ gibt es ein breit angelegtes Ausstellungs-, Veranstaltungs- und Publikationsprogramm. Damit werden ein umfassender Beitrag zur Kenntnis, zum Verständnis und zur Bedeutung dieser komplexen Zeit in der Freien und Hansestadt Hamburg vermittelt und gleichzeitig Aktualitätsbezüge zu Funktionsweisen demokratisch verfasster Gesellschaften geschaffen.

Auf der Webseite hamburg-18-19.de gab es während des Themenjahres Einblicke, Ausblicke und Hintergründe zu den geschichtlichen und politischen Ergnissen vor 100 Jahren. In regelmäßigen Journalbeiträgen zum Beispiel über die Sülze-Unruhen, den Biografien der Mitglieder der Ersten Bürgerschaft von 1919 oder Beiträge aus dem Hamburg-Geschichtsbuch der Behörde für Schule und Berufsbildung wird über die geschichtlichen Ereignisse informiert.


Blick in die Ausstellung

Themen der Ausstellung

Hans Leip, Demonstrationszug in Hamburg, Zeichnung, November 1918, Sammlung MHG

Akteure

Im Herbst und Winter 1918/19 waren ganz unterschiedliche politische Gruppierungen aktiv an den Umwälzungen beteiligt. Werftarbeiter verlangten im November 1918 sofortige Sympathiestreiks für die meuternden Kieler Matrosen, die Führer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und Gewerkschaften wollten jedoch
abwarten. Matrosen und Soldaten waren dann die Initiatoren der Revolution, denen sich schnell die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) anschloss. Der Senat und die Bürgerschaft wurden von den Ereignissen überrascht, blieben aber mit einer
Unterbrechung von fünf Tagen im Amt. Mit dem Arbeiter- und Soldatenrat arbeiteten sie eng zusammen. Der Kommandierende General des Stellvertretenden Generalkommandos sah keine Möglichkeit zu reagieren und floh. Die städtischen Behörden ebenso wie die Wirtschaftsverbände verhielten sich abwartend. Im Arbeiter-und Soldatenrat dominierte die USPD, erst mit dem Jahreswechsel 1918/19 gewann die SPD an Einfluss.

Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 76 am Jungfernstieg, 1918, Foto Atelier Schaul, Staatsarchiv Hamburg

Militär

Während des Ersten Weltkriegs waren fast alle zivilen Rechte in Deutschland außer Kraft gesetzt. An der „,Heimatfront” lag die Macht in den Händen der militärischen Befehlshaber. Die Hauptaufgabe des
enormen Verwaltungsapparats des Militärs bestand darin, die Armeen an der Front mit Nachschub zu versorgen. Dem wurde alles andere untergeordnet. Die Bevölkerung hatte darunter massiv zu leiden. Mit dem Umbruch am 6. November 1918 floh der für Hamburg zuständige
Kommandierende General Adalbert von Falk. Fast alle im Großraum Hamburg stationierten Truppen schlossen sich den Revolutionären an, und so waren nur wenige Opfer zu beklagen.

Cesar Klein, Plakat des Werbedienstes der deutschen sozialistischen Republik, Januar 1919, Sammlung MHG

Kommunikation

Für den schnellen Erfolg der Revolution war der rasche Austausch von Informationen wichtig. Hierfür gab es unterschiedliche Übertragungsmittel. Am schnellsten waren Telefon und Telegrafie. Die Eisenbahn und Flugzeuge standen ebenfalls zur Verfügung. Auch der mündliche Austausch war bedeutsam. Der Umbruch führte auch zur
Abschaffung der Zensur. Den Druckmedien kam daher ein großer Einfluss bei der massenhaften Informationsverbreitung zu. Flugblätter, Handzettel und Plakate wurden innerhalb weniger Stunden gedruckt,
im Hamburger Großraum an zentralen Stellen verteilt und an Litfaßsäulen angebracht. Fotopostkarten waren das schnellste Bildmedium: Über Nacht hergestellt boten Verkäufer sie am Folgetag neben den noch bildlosen Tageszeitungen an.

Bildung

Die öffentlichen Schulen waren beim Ausbruch der Revolution in einem schlechten Zustand. Es fehlte an fast allem. Viele Lehrer kamen erst nach und nach aus dem Krieg zurück, Schulgebäude wurden als Lazarette genutzt. Die Revolution demokratisierte das Schulwesen. Ein
Lehrerrat bildete sich bereits am 8. November 1918. Elternräte wurden im Dezember gewählt. Der Wegfall des Schulgeldes und die Lernmittelfreiheit sollten den Zugang zur Bildung erleichtern. Zudem wurde der Religionsunterricht abgeschafft. Der Glaube wurde vom
Arbeiter- und Soldatenrat zur Privatangelegenheit erklärt, für die der Staat nicht zuständig war. Auch Erwachsene sollten einen leichteren Zugang zu Bildung und Kultur erhalten. Schon vor dem Krieg gab es Bemühungen um die Einrichtung einer Universität. Sie wurde 1919 zusammen mit der Volkshochschule gegründet. Auch die Hamburger Volksbühne begann in diesem Jahr mit ihrer Arbeit.

Eduard Niese, Dompartie auf dem Heiligengeistfeld, 1894/1895, Aquarell.

Freizeit

Trotz der allgemeinen Mangelwirtschaft war das Freizeitangebot in Hamburg während der Revolutionszeit äußerst vielfältig. Täglich gab es zahlreiche Theatervorstellungen und Tanzveranstaltungen. Auch die
Kinos boten ein reichhaltiges Filmangebot. Die Polizeistunde, die das Betreten der Straßen am späten Abend verbot, wurde vielfach durch Sondergenehmigungen umgangen. Der Arbeiter- und Soldatenrat versuchte, die Bevölkerung über Zugeständnisse ruhig zu halten. Hierzu gehörte auch der traditionelle „Hamburger Dom”. Er wurde im Dezember 1918 auf dem Heiligengeistfeld erstmals seit Kriegsbeginn
wieder veranstaltet.

Wachen vor der Redaktion des Hamburger Echos, Februar 1919, Foto: Alexander Jaap, Staatsarchiv Hamburg

Unruhen

Hamburg kam nach den Wahlen zur Bürgerschaft im März 1919 nicht zur Ruhe. Mehrfach erschütterten Unruhen den Alltag. Zur Wiederherstellung der Ordnung stand der Hamburger Regierung unter anderem das Freikorps Bahrenfeld zur Verfügung. Dieses war einer der vielen militärischen Freiwilligenverbände, die seit Ende 1918 in
Deutschland in Absprache mit den leitenden Militärdienststellen gebildet wurden. Die Freikorps bestanden vor allem aus ehemaligen Frontsoldaten. Obwohl zumeist konservativ und monarchisch gesinnt, stellten sie sich der Regierung zur Niederschlagung von Aufständen zur Verfügung. So marschierte auch das Korps Lettow-Vorbeck am 1. Juli 1919 in Hamburg ein. Die Stadt war nach einem Lebensmittelskandal, den sogenannten „,Sülze-Unruhen”, seit Ende Juni in Aufruhr.

Graphic Novel zur Ausstellung

Rote Fahne – Schwarzer Markt

Bruno Hansen und die Revolution in Hamburg. Graphic Novel von Isabel Kreitz (Illustratorin) und Robert Brack (Autor) 
Herausgeber: Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg

November 1918: Der junge Matrose Bruno Hansen kommt aus dem Krieg zurück und will in Hamburg „Revolution machen“. Auch seine Schwester Lene begeistert sich für die neue Zeit, weil die Frauen endlich mitbestimmen dürfen. Doch bei aller Euphorie fehlt es überall am Nötigsten und viele Menschen hungern. Sogar im Speiselokal seiner Mutter im Gängeviertel bleiben die Töpfe leer. Da kommt Brunos alter Freund Theo gerade recht, der sich mit dem Schwarzmarkt gut auskennt. Er wittert das große Geschäft und die Hansens lassen sich zu folgenreichen Spekulationen hinreißen …

Die Graphic Novel ist ab sofort im Museumsshop und im Infoladen der Landeszentrale erhältlich.

Begleitbuch zur Ausstellung

Revolution! Revolution? Hamburg 1918/19 

Hrsg. von Hans-Jörg Czech, Olaf Matthes und Ortwin Pelc unter Mitwirkung des Vereins für Hamburgische Geschichte
352 Seiten, zahlr. Abbildungen
Preis: 29,80 €© 2018 Stiftung Historische Museen Hamburg, Museum für Hamburgische Geschichte
© 2018 Wachholtz Murmann Publishers
Hamburg 
ISBN 978-3-529-05220-0

Zitate zum Thema 



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