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Klassisch Dänisch Norddeutsche Baukultur seit 1790

27.05.2018 – 23.02.2019

Das bauliche Kulturerbe des dänischen Klassizismus ist ein bemerkenswertes Zeugnis der dänisch-deutschen Verbindungen in der Zeit um 1800. Die Architekten Johann August Arens, Axel Bundsen, Christian Frederik Hansen und Joseph Christian Lillie waren in Altona, Hamburg und den Herzogtümern Schleswig und Holstein tätig. Alle waren Absolventen der Königlich Dänischen Akademie in Kopenhagen. Öffentliche Bauten, private Stadt- und Landhäuser, Seebadeanstalten, Friedhofskapellen und Kirchen zählten zum vielfältigen Repertoire der Architekten. Bis heute besteht der rege kulturelle Austausch zwischen Dänemark und Deutschland. Die Ausstellung endet im 20. Jahrhundert und in der Gegenwart. Vorgestellt werden beispielhafte Bauten in Hamburg und klassisch dänisches Design von Arne Jacobsen, Verner Panton und Hans Wegner. Die Ausstellung ist eine Initiative des Altonaer Museums in Kooperation mit der Hamburgischen Architektenkammer zum Europäischen Kulturerbe-Jahr „Sharing Heritage 2018“. Sie zeigt das Gemeinschaftliche eines weiten Grenzraums, der kulturell und politisch eng verbunden war.

Eine Ausstellung in Kooperation mit der Hamburgischen Architektenkammer im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres „Sharing Hertitage 2018“

Was ist Klassizismus?

Klassizismus orientiert sich am Vorbild der Antike. Die Architekten des 18. Jahrhunderts studierten die antiken Lehrbücher vor allem des Römers Vitruv. Dieser stellte klare Regeln auf: Symmetrie, harmonische Proportionen und die drei klassischen Säulenordnungen dorisch, ionisch, korinthisch. Die Regeln waren absolut, da sie dem Ideal der Natur folgten. Auf Reisen lernten die Architekten zudem reale antike Bauwerke in Italien kennen. Wichtig waren das Pantheon in Rom und die Tempel in Tivoli. Auch Bauwerke der Renaissance wurden besichtigt. Die Villen des Architekten Palladio waren wesentliche Vorbilder. Der dänische Klassizismus um 1800 befolgte die antiken Regeln nicht mehr bedingungslos. Die Architekten orientierten sich an der französischen Revolutionsarchitektur. Sie entwarfen Bauwerke aus einfachen geometrischen Formen mit kräftigen Säulen und verzichteten auf Ornamente. Die Architektur sollte sprechen und die Form der Bauwerke zu ihrer Funktion passen. Die Architekten des dänischen Klassizismus arbeiteten in Schleswig-Holstein und Hamburg bis in die 1830er Jahre. Ihre Bauten zeigen die Vielseitigkeit des Klassizismus im Norden.

Jes Bundsen Ansicht eines Zentralbaus. Foto: Christoph Irrgang

Bildergalerie

Das Landhaus Brandt in Othmarschen

Carl Friedrich Stange Landhaus Willem Brandt in Othmarschen. Bild: SHMH MHG

Entlang der heutigen Elbchaussee von Altona bis Blankenese ließen sich Altonaer und Hamburger Kaufleute repräsentative Sommerhäuser bauen. Wie eine antike villa suburbana lagen die weißen Häuser in großen Landschaftsgärten vor der Stadt. 1817 kaufte der Reeder und Kaufmann Wilhelm Brandt ein Grundstück in Othmarschen und beauftragte Axel Bundsen mit dem Bau eines Landhauses direkt an der Chaussee. Brandt besaß die größte Reederei in St. Petersburg und Archangelsk.

Wegen der zweigeschossigen halbrunden Säulenhalle wird das Haus auch Säulenhaus genannt. Sein ungewöhnliches Aussehen war der Wunsch des Bauherrn. Er besaß ein

Gemälde von einem Haus auf der Krim mit einer ähnlichen Säulenhalle. Das Motiv findet sich bereits in der Antike. Das Haus inspirierte viele Künstler. Wim Wenders wählte es als Drehort für seinen Film „Der amerikanische Freund“.

Architektur und Design aus Dänemark nach 1945

Architektur und Design aus Dänemark begeisterten auch in den 1950er und 1960er Jahren deutsche Architekten und Bauherren. Ihre schlichte Funktionalität wurde als Weiterführung der reduzierten klassizistischen Formensprache gedeutet. Arne Jacobsen errichtete 1969 mit dem HEW Verwaltungsgebäude in der City Nord und 1971 mit dem Schulbau des Christianeums in Altona zwei beispielhafte Bauten der dänischen Moderne. Hans Wegner, Arne Jacobsen und Verner Panton entwarfen Design-Klassiker. Klassisch dänisch sind die schlichten funktionalen Möbel aus natürlichen Materialien.

Arne Jacobsen, HEW-Verwaltungsgebäude in der City Nord, 1965-1969. Foto: Oliver Heissner, 1998
Verner Panton, Spiegelkantine, 1969, Foto Oliver Heissner, 2001

Biographien der Architekten

Johann August Arens (1757-1806)

Johann August Arens (1757-1806)

Der gebürtige Hamburger Arens begann 1778 ein Studium an der Kopenhagener Akademie. Er reiste nach Frankreich, England und Italien. In Rom lernte der junge Architekt Goethe kennen. Über dessen Vermittlung erhielt er den Auftrag zum Bau des Römischen Hauses in Weimar. 1790 ließ sich Arens in Hamburg nieder. Er arbeitete für die
Patriotische Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützlichen Gewerbe, deren Zeichenschule er leitete. In Hamburg baute der angesehene Architekt Stadt- und Landhäuser für die Mitglieder der Patriotischen Gesellschaft und führte öffentliche Aufträge aus. 1793
heiratete Arens die Hamburger Pastorentochter Cecilia Elisabeth Liebrecht. 1806 starb er während eines Kuraufenthaltes in Pisa.

Axel Bundsen (1768-1832)

Axel Bundsen (1768-1832)

Bundsen wurde in Assens auf der Insel Fünen geboren. Nach einem vierjährigen Studium an der Kopenhagener Akademie zog er 1789 zu seinem Bruder Jes auf das Gut Knoop des Grafen Baudissin. Baudissin beauftragte ihn mit dem Neubau seines Herrenhauses. Mit einem Stipendium des Grafen reisten die Brüder nach Frankreich und in die
Schweiz. 1800 ließ sich Bundsen in Hamburg nieder, sechs Jahre später in Fleckeby bei Schleswig. Als Privatarchitekt arbeitete er für Gutsbesitzer im Herzogtum Schleswig und Kaufleute in Flensburg. 1822 ist er mit seiner Frau Sophie Catharina Voß wieder in Hamburg nachweisbar, Bundsen erhielt Aufträge für die Seebadeanstalt Cuxhaven und die Kirche in Ritzebüttel. Vergeblich bewarb er sich um den Neubau der Hamburger Börse. 1832 starb der Architekt in ärmlichen Verhältnissen in Hamburg.

Christian Frederik Hansen (1756-1845)

Christian Frederik Hansen (1756-1845)

Der Däne Christian Frederik Hansen besuchte schon als 10jähriger die Kopenhagener Akademie. Ab 1770 studierte er in der Architekturklasse. Mit einem persönlichen Stipendium der dänischen Königsfamilie reiste er nach Italien. Seine Karriere begann mit der Ernennung zum Landbaumeister von Holstein und dem Umzug nach Altona 1785. Er baute zahlreiche Stadt- und Landhäuser für private Auftraggeber. 1804 kehrte Hansen nach Kopenhagen zurück. Brände und die britische Flotte hatten zahlreiche Gebäude zerstört. Hansen erhielt den Auftrag zum Wiederaufbau. Er wurde Professor der Akademie und 1811 deren Direktor. Hansen übernahm das Amt des königlichen Oberbaudirektors und plante alle öffentlichen Gebäude in Dänemark. Zeit seines Lebens blieb er Landbaumeister in Holstein. Erst kurz vor seinem Tod 1845 legte er seine Ämter nieder.

Joseph Christian Lille (1760-1827)

Joseph Christian Lillie (1760-1827)

Lillie wurde in Kopenhagen geboren. Nach seinem Studium von 1774 bis 1779 an der Kopenhagener Akademie übernahm er die Tischlereiwerkstatt seines Vaters und lehrte an der Bauschule der Akademie. 1790 ernannte ihn der dänische König zum Hofdekorateur. Das Amt wurde eigens für Lillie geschaffen. Er arbeitete als Innenarchitekt für die dänischen Königsschlösser. Nach dem Konkurs seiner Möbelfirma floh er aus Kopenhagen und ließ sich 1802 in der freien Reichsstadt Lübeck nieder, um den Forderungen seiner Gläubiger zu entgehen. In Lübeck erhielt er als Privatarchitekt Aufträge für Stadt und Herrenhäuser. Bis zu seinen Tod 1827 arbeitete er ausschließlich außerhalb des dänischen Staatsgebietes. Lille war mit Christian Frederik Hansen befreundet.


Weitere Ausstellungen