Eine Präsentation von Gemälden aus der Sammlung des Altonaer Museums
Der Bereich der inszenierten historischen Bauernstuben und der Saal der Bauernhaus-modelle im 2. Obergeschoss des Altonaer Museums zählen zu den ältesten Abteilungen in der Dauerausstellung des Hauses. Otto Lehmann, der Gründungsdirektor des Museums hat die verschiedenen Bauernstuben aus dem Hamburger Umland ab 1901 für die Sammlung erworben und ließ diese als Zeugnisse besonderer norddeutscher Kulturgeschichte in die ständige Ausstellung einbauen. Lehmann ging es aber mit dieser Präsentation weniger um eine wirklichkeitsgetreue Abbildung des Landlebens als vielmehr um die Besonderheiten des provinziellen Kunsthandwerks. Sein bildungs-bürgerlich geprägtes Bild vom Lande zeigt sich vor allem in der Zusammensetzung der prächtigen Stuben und in der museal-idealisierten Inszenierung der bäuerlichen Wohn- und Alltagskultur, die den für das 19. Jahrhundert typischen Mythos einer Bauernidylle vor den Toren der Stadt unterstreichen.
Zur Einführung in den Bereich der Bauernstuben und der Bauernhausmodelle ist unter dem Titel „Mythos Landleben“ eine Präsentation von hochkarätigen Gemälden aus der Sammlung des Museums eingerichtet worden, die zusammen mit ausgewählten Gegenständen aus dem bäuerlichen Alltag auf ihre Weise das zur Idylle idealisierte Landleben als bildungsbürgerliche Vorstellung vom Guten, Wahren und Schönen aus unterschiedlichen künstlerischen Positionen verdeutlichen.
Neben Johann Jacob Genslers (1808-1845) allegorischer Darstellung der „Blankeneser-innen bei der Reepschlägerei“ aus dem Jahr 1837 und Frederikke Westphals (1822-1902) „Die Nachmittagsstunde“, das eine Ostenfelder Bäuerin in Tracht zeigt, sind Gemälde von expressionistischen Malern wie Erich Heckel und Georg Tappert zu sehen. Zwar wandte sich letztere von der idyllischen Vorstellung vom Landleben ab und stellten in ihren Werken bisherige Tabuthemen dar oder verwendete bis dato ungewohnte Gestaltungs-weisen, aber die expressionistischen Bilder liefern keine realistische Abbildung des Ländlichen, sondern spiegeln die subjektiven, emotionalen Empfindungen und Erlebnisse des Künstlers bei der Beobachtung der Landschaft und des Arbeitsalltags wider. Im Stil der neuen Sachlichkeit arbeitende Künstlerinnen und Künstler, wie Elsa Haensgen-Dingkuhn, beschäftigten sich nach dem Expressionismus wieder mehr mit der äußeren, materiellen Welt, die sie jedoch in ihrer Nüchternheit oft stark überzogen visualisierten. Fotografen wie Fide Struck versuchten, die Realität des Landlebens mit dem neuen Medium als Dokumentation möglichst wirklichkeitsgetreu einzufangen, jedoch ist auch hier, wie bei allen bildnerischen Werken, der fokussierte, subjektive Blick des Künstlers sehr eindeutig erkennbar.
Die kleine Ausstellung zeigt im Kontext der Bauernstuben und der Bauernhausmodelle, dass weder über Kunst noch über museale Inszenierung so etwas wie die Wirklichkeit früheren Landlebens gänzlich rekonstruierbar ist. Sie kann und will aber als Annäherung an die Realität verstanden werden, als Bühne für Erinnerungen und als Aufforderung zu Austausch und Diskussion.
Die Präsentation „Mythos Landleben“ wurde mit Mitteln der Freunde des Altonaer Museums finanziert.