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Schwimmkran „Saatsee“ Der Einzige seiner Art

Ehrenamtliche an Bord der “Saatsee”. Foto: SHMH / Sinje Hasheider

Der Dampfschwimmkran Saatsee wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut, um bei Arbeiten an den Schleusen des Nord-Ostsee-Kanals zum Einsatz zu kommen. Heute ist das Exemplar im Deutschen Hafenmuseum in Hamburg das einzige Großobjekt in ganz Deutschland, das noch funktionstüchtig ist.

Der Auftrag, der 1918 an die Schiffs- und Maschinenbau AG aus Mannheim erging, lautete, einen Schwimmdampfkran mit Fachwerkauslegern zu bauen, der Windwerke von je 75, 20 und 5 Tonnen haben sollte. Der Preis betrug 370 420 Reichsmark.

Der 1. Weltkrieg erschwerte die Beschaffung des Materials und verlängerte die ursprünglich geplante Lieferzeit. Deshalb nahm der Schwimmkran seinen Dienst im Sommer 1920 auf. Die endgültige Abnahme durch das Kaiserliche Kanalamt erfolgte über ein Jahr später nach Ablauf der Garantiezeit am 15.12.1921. Da der Kran niemals eine Antriebsmaschine hatte, musste er stets von Schleppern an seinen jeweiligen Einsatzort gebracht werden.

Der Kran erhielt zuerst den Namen „Simson“, in Anlehnung an den übernatürlich starken Simson aus dem Alten Testament, der die Stadttore von Gaza forttrug und den Tempel der Philister zum Einsturz brachte. Ähnlich große Aufgaben sollte auch der Schwimmkran erledigen: Schleusentore heben, Dalben ziehen und Hindernisse aus dem Nord-Ostsee-Kanal räumen.

Zahlen und Fakten:

  • 1917 gebaut bei der Schiffbau- und Maschinenbau-AG Mannheim
  • Antriebsloser Ponton mit dreh- und wippbarem Kranausleger mit einer Tragfähigkeit von max. 75 Tonnen, um Tore der kleinen Schleusen im Nord-Ostsee-Kanal warten/reparieren zu können.
  • Kohlebefeuerter Flammrohrkesselantrieb der Fa. Jos. L Meyer aus Papenburg mit 7,5 bar, Hebezeug mit 3 Kranhaken für 10 Tonnen, 30 Tonnen und 75 Tonnen, Unterbringungsmöglichkeit zuletzt für 6 Crewmitglieder
  • Abmessungen: 22,45 m lang, 13,5 m breit, 2,34 m Tiefgang, 27 m Höhe bei eingelegtem Kranausleger

Die vornehmliche Aufgabe des Krans bestand in den ersten Dienstjahren darin, alte Schleusentore herauszuheben, die repariert werden mussten. Außerdem kam er zum Beispiel beim Absetzen von Holzfendern zum Einsatz, er leistete Montagehilfe bei der Staatswerft und setzte kleine Wasserfahrzeuge an Land. Eine feste Besatzung, die ausgebildet war, an Bord eines Schwimmkrans zu arbeiten, gab es in den ersten Jahren nicht. Mitarbeitende des Wasserstraßen-Maschinenamtes Rendsburg oder Arbeiter in Kiel-Holtenau oder Brunsbüttel übernahmen diese Aufgabe je nach Einsatzort. Erst 1924 wurde Personal in Theorie und Praxis zu Schwimmkranführern ausgebildet. Auch die Ausstattung an Bord sowie die Einrichtungen für das Personal verbesserte sich über die Jahre. Zuerst standen die Seiltrommeln und die Zwillingsdampfmaschine, mit der die Trommeln angetrieben wurden, ebenso wie deren Steuerung an Deck und waren nicht geschützt vor der Witterung. Für 10 Mann Besatzung waren 18 Quadratmeter kombinierter Wohn- und Schlafraum vorgesehen. In diesem Raum standen fünf Doppelkojen und ein Einbauschrank. Außerdem gab es eine Eckbank und einen Tisch. Der Kranführer und der Maschinist hatten als einzige eine Einzelkammer (in der Größe von jeweils 3,6 Quadratmeter mit Bett und Sitzgelegenheit) mit Handwaschbecken. Waschgelegenheiten und Toiletten fehlten ansonsten auf dem Schwimmkran. In Sachen technischer Ausstattung gab es für drei Hübe die entsprechenden Seiltrommeln. Der Antrieb für die Trommeln kam von einer Zwillingsdampfmaschine mit einer Leistung von 130 PS. Den Dampf lieferte ein kohlebetriebener Flammenrohrkessel mit einer Dampfleistung von etwa 3 Tonnen in der Stunde.

Nach 1933 änderte sich auch für die Arbeit auf und mit dem Schwimmkran einiges. Im Zuge von Arisierungsmaßnahmen musste der Name Simson weichen. Es blieben nur der Name des Heimathafens Saatsee und die Inventarnummer S 56. Dieser Name, ursprünglich als Provisorium gedacht, blieb danach bestehen. Zwischen 1943 und 1945 mietete das Oberkommando der Kriegsmarine den Kran regelmäßig an, um Kriegsgerät, Motoren, Schiffskessel und U-Bootdruckkörper zu verladen. Außerdem übernahm die Saatsee Bergungsarbeiten. Bereits ab 1940 gab es Personalmangel, weil der letzte der ehemals 4 Matrosen in den Ruhestand ging und die Stellen nicht nachbesetzt wurden. 1944 fehlte Deckspersonal komplett.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs änderten sich erneut die Aufgaben für den Schwimmkran, es galt, bei Räumungsarbeiten unter anderem Wracks zu heben. Außerdem wurde der Kran ab den 50er-Jahren auch von verschiedenen Werften angefordert, um zum Beispiel bei der Montage einer Absenkbrücke zu helfen oder Schleusentore zu überholen. Außerdem wurde der Kran modernisiert, vermutlich sowohl, um ihn besser nutzen zu können als auch um Arbeitsschutzbedingungen zu entsprechen. Die bisher freiliegende Dampfmaschine wurde umgebaut und die Räume für die Besatzung bekamen mehr Platz. Ab dieser Zeit gab es also Dusch- und Waschräume für die Crew sowie Einzelkammern. Auch ein Dieselaggregat kam an Bord, um elektrische Geräte anzutreiben.

Gute 50 Jahre nach seiner Indienststellung wurde es in den 70er-Jahren immer komplizierter und teurer, den Kran auf dem neuesten technischen Stand zu halten. Im Juli 1975 wurde er wegen dringender Reparaturen vorläufig außer Dienst gestellt, jedoch im September 1976 wieder eingesetzt. Zehn Jahre später kam dann das endgültige Aus. Ursprünglich sollte die Saatsee verschrottet werden, fand dann jedoch ihren Weg in die Sammlung des Museums der Arbeit, wurde von Ehrenamtlichen wieder instandgesetzt und ging schließlich zum Deutschen Hafenmuseum über.

Die SAATSEE wird von Ehrenamtlichen des Museums erhalten und zu besonderen Veranstaltungen den Besuchenden im Dampfbetrieb vorgeführt.

Im Heizraum der “Saatsee”. Foto: SHMH / Sinje Hasheider