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Hamburg 1923 Die bedrohte Stadt

20.09.2023 – 07.01.2024

Das Jahr 1923 hat in vielerlei Hinsicht eine einschneidende Bedeutung in der Hamburger Geschichte. Die Weimarer Republik war erst wenige Jahre alt und wurde sowohl von rechten wie von linken Gegnern in Frage gestellt und bekämpft. Die innenpolitischen Auseinandersetzungen wie auch die Besetzung des Ruhrgebietes durch Frankreich und Belgien bedrohten die junge parlamentarische Demokratie ebenso wie die rasant zunehmende Inflation und die sich verschlechternde Versorgungslage für einen großen Teil der Bevölkerung.

Im Oktober 1923 befand sich Hamburg vor diesem Hintergrund für einige Tage im Ausnahmezustand: Bewaffnete Arbeiter und Funktionäre der KPD besetzten Polizeiwachen, bauten Barrikaden, lieferten sich mit den Polizeikräften Straßenkämpfe und wurden dabei von einem Teil der Bevölkerung unterstützt.

Der Hintergrund dieses „Hamburger Aufstandes“ war die Absicht der KPD in Verbindung mit der Kommunistischen Internationale, in der krisengeschüttelten Weimarer Republik revolutionäre Aufstände zu initiieren. Damit sollte der politische Umsturz nach sowjetischem Vorbild und darüber hinaus die Weltrevolution bewirkt werden. Tatsächlich fand ein revolutionärer „Aufstand“ dieser Art nur in Hamburg statt und wurde damals schnell niedergeschlagen. Die Straßenkämpfe forderten etwa 100 Tote und 300 Verletzte unter den Aufständischen, den Polizisten und der Zivilbevölkerung. Der „Hamburger Aufstand“ von 1923 wurde damit zur blutigsten Auseinandersetzung in der hamburgischen Geschichte, er bildet ein besonderes Ereignis in der Geschichte der Weimarer Republik und erregte europaweit Aufsehen.

In der Ausstellung des Museums wird nach der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage in Hamburg im Jahr 1923 gefragt, welche Ursachen und Ziele der „Hamburger Aufstand“ vom Oktober 1923 hatte, wie er verlief und wer die damaligen Protagonisten waren. Es geht um die Reaktion der parlamentarischen Republik auf diese Bedrohung und die Auswirkungen des Aufstands auf das politische System Hamburgs und der Weimarer Republik. Schließlich wird die langfristige Wirkung der Ereignisse von 1923 auf die Erinnerungskultur und die politischen Auseinandersetzungen bis in das 21. Jahrhundert hinein betrachtet.

Barrikade in Hamburg-Barmbek, wohl 25. Oktober 1923, Fotograf- Otto Reich, © StAHH
Barrikade in Hamburg-Barmbek, wohl 25. Oktober 1923, Fotograf Otto Reich. Staatsarchiv Hamburg

Ausgewählte originale Objekte und Dokumente, Modelle, Karten und Grafiken – darunter seltene Leihgaben aus Privatbesitz – geben neben einer Vielzahl von grafisch aufbereiteten Reproduktionen, z. B. Fotografien, Pläne, Postkarten, Zeitungsartikel, einen anschaulichen Einblick in die Ereignisse dieses bewegten Jahres. Neu entdeckte Fotografien verdeutlichen die Dramatik der Oktobertage vor allem im Stadtteil Barmbek, sie laden aber auch ein zur kritischen Auseinandersetzung mit dem damals neuen Medium der Pressefotografie. Über die Biografien damals Beteiligter – Polizisten, Aufständische, Politiker und unbeteiligte Zeitzeugen – werden die unterschiedlichen Sichtweisen der Zeitgenossen deutlich. Bereits unmittelbar nach dem „Aufstand“ setzten sich deutsche und auch zahlreiche ausländische Schriftsteller, Künstler sowie Theater- und Filmemacher mit dem Ereignis auseinander. Sie trugen damit bis in das 21. Jahrhundert zur Erinnerung an dieses bemerkenswerte Jahr in der demokratischen Geschichte der Stadtrepublik Hamburg bei.

Die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg stellt dieses Jahr das Thema „Demokratie – ihre Werte und ihre Gefährdungen“ in den Vordergrund. Unter dem Motto „Demokratie braucht politische Bildung!“ werden zudem zahlreiche Aktivitäten mit den Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober 2023 verknüpft, der zentral in Hamburg begangen wird. Das Museum für Hamburgische Geschichte möchte sich dem explizit anschließen und das Haus für eine Auseinandersetzung mit diesem Thema öffnen. Ziel ist es, auch im Rahmen der Ausstellung verschiedene Themen der Demokratiebildung und -gefährdung in Vergangenheit und Gegenwart zu diskutieren. Die Ausstellung soll daher zu einer aktiven Plattform werden und über drei Monate ein Forum für Vorträge, Führungen, Workshops und szenische Darstellungen bieten, das von verschiedenen Akteuren der Stadtgesellschaft mitgestaltet und von interessierten Bürgerinnen und Bürgern – von Jugendlichen bis zu Erwachsenen – rezipiert werden kann. Kurz vor der modernisierungsbedingten Schließung des Hauses lädt das MHG mit einer offenen Ausstellungsbühne dazu ein, sich mit einem der wichtigsten Themen unserer Zeit mit Blick auf die Geschichte und gegenwärtige Krisen in der Welt zu beschäftigen: der Entwicklung unserer Demokratie.

Hamburger Polizei, Reichswehr und ein Panzerwagen in Hamburg-Barmbek, wohl 25. Oktober 1923, un-bekannter Fotograf, © StAHH
Hamburger Polizei, Reichswehr und ein Panzerwagen in Hamburg-Barmbek, wohl 25. Oktober 1923, unbekannter Fotograf, Staatsarchiv Hamburg
Hamburger Sicherheitspolizei in einem mit Maschinengewehrausgestatteten Auto an der Hochbahn in Hamburg-Barmbek wohl 25.10.1923 Foto Staatsarchiv Hamburg
Hamburger Sicherheitspolizei in einem mit Maschinengewehrausgestatteten Auto an der Hochbahn in Hamburg-Barmbek wohl 25.10.1923. Staatsarchiv Hamburg

Mit freundlicher Unterstützung von:


Kommende Termine


Buchcover von "Die bedrohte Stadtrepublik. Hamburg 1923"
Buchcover: “Die bedrohte Stadtrepublik. Hamburg 1923”

Ausstellungs­katalog

Die bedrohte Stadtrepublik. Hamburg 1923

herausgegeben von Olaf Matthes und Ortwin Pelc

für die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg in Verbindung mit dem Museum für Hamburgische Geschichte

Wachholtz Verlag, Kiel-Hamburg
252 Seiten
34 Euro
ISBN 978-3-529-05084-8

Erhältlich im Museumsshop


Über die Ausstellung “hamburg 1923” in Deutscher Gebärdensprache (DGS)


Infos zum Hören


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