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Traditionsjahrmarkt auf dem Heiligengeistfeld Der DOM

November 2018
Matthias Gretzschel

Der fromme Name ist trügerisch: Das Heiligengeistfeld ist alles andere als ein Ort für stille Einkehr, sondern ein riesiger Veranstaltungsplatz. Aber auch wenn der Dom mit der Bischofskirche, nach der er benannt ist, nichts gemein hat, ist Norddeutschlands größtes Volksfest den Hamburgern absolut heilig.

Hau den Lukas 

Weit mehr als zehn Millionen Menschen besuchen den Hamburger Dom auf dem Heiligengeistfeld pro Jahr, der berühmte Kölner Dom verzeichnet dagegen gerade mal sechs Millionen Besucher. Wenn Außenstehende diese Zahlen hören, meinen sie, bei den Hamburgern handele es sich um besonders treue Kirchgänger. In Wahrheit liegen die Dinge anders, denn Heiliges und ziemlich Profanes haben in der Hansestadt oft nichts gemeinsam außer dem Namen. So sind die zehn, in manchen Jahren gar 13 Millionen Hamburger Dom-Besucher keine frommen Kirchgänger, sondern Vergnügungssüchtige, denn hinter dem Dom verbirgt sich in diesem Fall längst keine Bischofskirche mehr, sondern ein Jahrmarkt, übrigens der größte in ganz Norddeutschland. Und das Heiligengeistfeld hält auch nicht das, was der fromme Name verspricht, denn das 50 Hektar große Areal ist beileibe kein Klostergelände und auch kein Ort der stillen Einkehr, sondern ein riesiger Veranstaltungsplatz.

Es ist ziemlich laut hier und ein bisschen zugig. Die schrille Musik der benachbarten Fahrgeschäfte überlagert sich, Bässe wummern, eine Sirene heult auf, viele Menschen, lachen, schreien vergnügt, drängen sich zwischen Geisterbahn und „Wilder Maus“, der schwingenden Kreisschaukel „Frisbee“, der Wasserbahn „Atlantis Rafting“ und zahlreichen anderen Attraktionen, für die man freilich einigermaßen schwindelfrei und magenmäßig abgehärtet sein sollte. Zum Glück gibt es auch harmlosere Vergnügungen wie nostalgische Kinderkarussells, Autoscooter oder traditionelle Jahrmarkt-Angebote wie „Hau den Lukas“, die hier schon vor mehr als 100 Jahren ihr Publikum fanden. Ebenso wie die Schießbuden, Kettenkarussells, Spiegelkabinette oder jene Buden, in denen man Lebkuchenherzen mit mehr oder weniger sinnigen Aufschriften kaufen kann. 

Wenn nach jeweils vier Wochen die Fahrgeschäfte und Buden abgebaut sind, kehrt auf dem Heiligengeistfeld erst einmal wieder Ruhe ein. Dann wird das eben noch so laute und rummelige Areal zu einem merkwürdig stillen Niemandsland inmitten der Millionenstadt. Nicht weit von der Feldstraße ragt massig der Bunker in den Himmel, man sieht die Rindermarkthalle und natürlich das Millerntorstadion des FC St. Pauli. Aber sonst herrschen vor allem Leere und Stille, die nur von dem diffusen Rauschen des Großstadtverkehrs untermalt werden. Eine Brache mitten im Zentrum der Stadt, Grundstücke in 1-A-Lage, mit denen Investoren liebend gern die ganz große Kohle machen würden, und die doch seit Menschengedenken unbebaut sind und das wohl auch bleiben werden.

Ein Event des Spektakels, der Ablenkung vom Alltag und der Sensation

Bässe wummern, eine Sirene heult auf, viele Menschen, lachen, schreien vergnügt, drängen sich zwischen Geisterbahn und „Wilder Maus“, der schwingenden Kreisschaukel „Frisbee“, der Wasserbahn „Atlantis Rafting“ und zahlreichen anderen Attraktionen, die hier schon vor mehr als 100 Jahren ihr Publikum fanden. Ebenso wie die Schießbuden, Kettenkarussells, Spiegelkabinette oder jene Buden, in denen man Lebkuchenherzen mit mehr oder weniger sinnigen Aufschriften kaufen kann.

Das Gelände 

Schon im frühen 19. Jahrhundert war es hier weitgehend leer, obwohl es durchaus Bestrebungen gab, das Areal zu bebauen, stets ohne Erfolg. Und so weiden noch bis in die 1880er-Jahre hinein Schafherden auf dem Feld, ein idyllisches Bild in der sich ansonsten rasant modernisierenden Metropole. Nach wie vor üben Soldaten des Bürgermilitärs hier das Exerzieren, Kinder lassen Drachen steigen, und an den Wochenenden gehen die braven Bürger spazieren und beschweren sich, wenn ihnen die Schafe dabei in die Quere kommen. 

Aber immer wieder gibt es auch etwas, was man neudeutsch als Event bezeichnen würde. Am 18. Oktober 1817 treffen sich Tausende zu einer Erinnerungsfeier an die Leipziger Völkerschlacht. Die „Franzosenzeit“ ist in Hamburg noch in unguter Erinnerung, deshalb denkt man gern an die Entscheidungsschlacht der Befreiungskriege zurück, die Napoleon im Oktober 1813 schmachvoll verloren hat. Überhaupt eignet sich die Freifläche für große Zusammenkünfte, so organisiert der Bildungsverein für Arbeiter in Hamburg am 11. November 1859 eine dreitägige Feier zu Ehren von Friedrich Schiller. Schiller ist damals weit populärer als Goethe und gilt als Symbolfigur der angestrebten deutschen Einheit. So ziehen 10.000 patriotisch gestimmte Menschen durch Hamburg und treffen sich schließlich auf dem Heiligengeistfeld, um den Nationaldichter zu preisen. Weniger pathetisch, dafür umso vergnüglicher geht es auf der Kunsteisbahn zu, die man auf dem der Glasischaussee zugewandten Areal am 1. Januar 1876 eröffnet. 

“Ansicht von Hamburg vom Heiligengeistfeld”, Druckgrafik von Peter Suhr, 1830, Sammlung SHMH 
„Blücher bei der Parade des Hamburger Militärs am 15. September 1816“, Gemälde von Johann Christian Freundt, Sammlung SHMH

Woher kommt der Name “Heiligengeistfeld”? 

Im 15. Jahrhundert versorgte das Hospital zum Heiligen Geist Bedürftige und Kranke. Wo sich das Hospital ursprünglich befand, steht heute das Gebäude der ehemaligen Oberfinanzdirektion. Die Heiligengeistbrücke, die vom Rödingsmarkt über das Alsterfleet zur Fleetinsel führt, verweist noch auf das Hospital. Das von einem Kreis umgebene Kreuz im Schlussstein der Brücke zeigt sein Wappen. Das Hospital hatte Grundbesitz unter anderen in Eilbek, Dulsberg, Horn und Ochsenwerder. Bereits 1355 hatte das Hospital ganz Barmbek erworben, und einige Jahrzehnte davor eben auch jenes Gebiet draußen vor dem Millerntor, das bis heute Heiligengeistfeld heißt und damals bis zur Straße Kohlhöfen in der Neustadt reichte. Urkundlich belegt ist der Name Heiligengeistfeld erstmals im Jahr 1497. Als die Stadt Anfang des 17. Jahrhunderts Johan van Valckenburgh beauftragte, eine Stadtbefestigung zu errichten, wurde ein erheblicher Teil des Areals für den Bau der Wallanlagen benötigt. Das Hospital zum Heiligen Geist erhielt dafür Ländereien in Hamm und Horn. Es existiert übrigens noch heute, und zwar als Altenheim in Poppenbüttel.


Schon zwölf Jahre zuvor ist im nordwestlichen Bereich der „Hamburg Altonaer Central Viehmarkt“ erbaut worden, dazu eine eigene Eisenbahntrasse, die die Viehhallen mit dem Bahnhof Sternschanze verband. Und 1888 kommt an der heutigen Budapester Straße noch eine Rinderhalle dazu. Die meisten Bauwerke auf dem Heiligengeistfeld sind jedoch bewusst nicht auf Dauer hin angelegt. 

Erster Teil des Hallenbas des Zentralviehmarktes 1888 (heutige Rindermarkthalle), Sammlung SHMH 

Eine Besonderheit des 19. Jahrhunderts sind die sogenannten Panoramen, die sich damals enormer Beliebtheit erfreuen. Dabei handelte es sich um perspektivische Darstellungen von Landschaften oder geschichtlichen Ereignissen, die als Rundbilder dargestellt sind. Das Publikum betrachtet diese Bilder von der Mitte aus und hat dadurch eine 360-Grad-Sicht. Wie in allen europäischen und amerikanischen Metropolen gibt es Ende des 19. Jahrhunderts auch in Hamburg derartige Panoramen, in denen sich das heimische Publikum in fremde Welten oder Zeiten versetzen lassen kann. Die Faszination dieses Mediums ist enorm, dennoch haben nur wenige Panoramen aus dem 19. Jahrhundert die Zeiten überdauert, keines davon in Hamburg.

Da nun immer öfter und immer mehr Menschen auf das Heiligengeistfeld kommen, muss dessen Infrastruktur verbessert werden. So wird das ziemlich unebene und mit vielen Schlaglöchern übersäte Gelände von 1894 bis 1899 befestigt und planiert. Für Schafherden ist nun kein Platz mehr, dafür werden immer häufiger Ausstellungen veranstaltet. Die große Gewerbe- und Industrieausstellung dehnt sich beinahe über das ganze Heiligengeistfeld aus, unter dem Motto „Italien in Hamburg“ wird im Mai 1895 in eigens dafür errichteten Holzgebäuden eine weitere Schau gezeigt,  und 1907 die „Internationale Fach- und Culturhistorische Ausstellung für das Fleischergewerbe“, auch landwirtschaftliche Themen werden in solchen Veranstaltungen immer wieder präsentiert.


“Dompartie auf dem Heiligengeistfelde”, Aquarell von Eduard Niese, 1895, Sammlung SHMH

Wie aus dem Dom der DOM wurde 

Seit dem 16. Jahrhunder boten rings um den Mariendom, der südlich der Petrikirche stand, die  Händler und Handwerker ihre Waren feil. Aber auch Quacksalber und Gaukler fanden rings um die heiligen Hallen ihr Publikum und bei schlechtem Wetter auch innerhalb des Doms. Besonders trubelig ging es im sogenannten Schappendom zu, der nach den hier aufgestellten Schränken, die niederdeutsch Schappen hießen, benannt war, in denen die Händler in der Weihnachtszeit ihre Waren aufbewahrten und präsentierten. 1803 ließ  Napoleon  den Dom säkularisieren, 1804 wurde er abgerissen.

Seither versuchten die Händler ihr Glück an unterschiedlichen Plätzen der Stadt, am Pferdemarkt und am Gänsemarkt zum Beispiel, vor allem aber am Zeughausmarkt und am Großneumarkt. Jahrzehnte lang funktioniert das ganz gut, als sich Hamburg aber Ende des 19. Jahrhunderts zur modernen Großstadt entwickelt und der innerstädtische Verkehr ständig zunimmt, stehen die Buden der neuen Zeit dann aber oft im wörtlichen Sinne im Weg. Deshalb weichen die Schausteller seit den 1880er-Jahren nach und nach dorthin aus, wo es genug Platz gibt: aufs Heiligengeistfeld. Im Jahr 1893 wird ihnen dann der Platz offiziell zugewiesen. Und weil man sich noch immer an die Zeiten erinnert, als der Markt noch um und in der Domkirche veranstaltet wurde, bleibt der Name erhalten. Dabei ist es bis heute geblieben, längst hat die Bezeichnung ein Eigenleben gewonnen, denn in Hamburg verbindet man mit dem Dom zuerst eben keine Bischofskirche mehr, sondern den Jahrmarkt. 


Jahrmarkt als Wirtschaftsfaktor 

Allerdings gibt es den Dom-Markt zunächst nur einmal im Jahr, nämlich von der Adventszeit bis nach Neujahr. Und mit der Zeit ändert sich auch das Angebot: War es zunächst überwiegend eine Verkaufsveranstaltung, wird der Dom Ende des 19. Jahrhunderts immer stärker zu einem Vergnügungsmarkt.  Die Firma Hugo Haase, die 1896 erstmals auf dem Heiligengeistfeld ihr Fahrgeschäft aufbaut, gehört zu den Schaustellern, die das Bild fortan immer stärker bestimmen.  

In einer zeitgenössischen Quelle heißt es: Zur Dom-Zeit versammeln „sich alljährlich Hunderte von Schaustellern mit ihren Buden, Wagen und Familien, Pferden und Requisiten, um eines Theils in der Winterruhe Kräfte zu finden für die Strapazen der kommenden Saison, um durch Neuankäufe die Lücken unter den Requisiten und Schaugegenständen zu ergänzen, um an den Beratungen der verschiedenen Schausteller-Genossenschaften teilzunehmen, für welche Hamburg der obligatorische Vor- und Versammlungsort ist. Um das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden, bezieht man einen Platz auf dem Dom, um nicht mit den Schaugegenständen müßig zu liegen und wenigstens die Kosten für den Winteraufenthalt zu erwerben.“

„Juwelenpalast“ von Hugo Haase auf dem Hamburger Dom, 1902, Foto Atelier Schaul, Sammlung SHMH

Nachdem der 1. Weltkrieg überstanden ist, folgt der nächste Schlag: Die Weltwirtschaftskrise trifft die Hafenstadt, die auf internationalen Handel angewiesen ist, besonders hart. Deshalb wird 1930 erstmals zusätzlich zum Weihnachtsdom ein Frühlingsdom zugelassen, denn dadurch erhalten die kleinen Schausteller eine weitere Erwerbsmöglichkeit. In seiner Ausgabe vom 21. März 1931 berichtet das „Hamburger Fremdenblatt“, dass die Behörde auch 1931 wieder einen Frühlingsdom zulassen wird, „weil die Not namentlich bei den kleineren Schaustellern sehr groß ist, denn auch in diesem Gewerbe wirkt sich die schlechte Wirtschaftslage katastrophal aus.“  Seit der Nachkriegszeit wird das Hamburger Volksfest nicht nur zur Weihnachts- und Neujahrszeit, sondern dreimal im Jahr gefeiert. Die Hamburger ziehen in Scharen auf den Jahrmarkt, auf dem sie für ein paar Stunden in ein buntes Lichtermeer eintauchen und die Not der zerstörten Stadt verdrängen konnten. Doch so ganz gelingt das nicht, wie aus einem Bericht der „Hamburger Volkszeitung“ vom 24. November 1951 hervorgeht. Dort heißt es: „Zwischen den einzelnen Verkaufsbuden in der Feldstraße oder auch am Millerntor stehen und sitzen Schwerkriegsbeschädigte mit Orgeln, Ziehharmonikas, eine alte Oma versucht, Zündhölzer zu verkaufen, weil ihre geringe Rente nicht zum Leben ausreicht. Die Kinder, die mit glänzenden und frohen Augen mit ihren Eltern durch die Domstraßen gehen, müssen auf manchen Wunsch verzichten, weil Papa erwerbslos ist oder so wenig verdient, dass er jeden Groschen zweimal umdrehen muss, bevor er ihn ausgibt.“


Das “Hummelfest” 

Erst vor zwei Jahren hat die Historikerin Alina Laura Tiews von der Forschungsstelle Mediengeschichte des Hans-Bredow-Instituts in Hamburg im Rahmen einer Studie herausgefunden, dass die Hamburger die Einführung des Sommerdoms quasi Walter Ulbricht zu verdanken haben. Denn viele westdeutsche Schausteller hatten seit der Währungsreform und der Gründung der DDR Schwierigkeiten, an den Jahrmärkten im Osten teilzunehmen – nach dem Mauerbau von 1961 war das quasi gar nicht mehr möglich. Umso wichtiger wurde für sie der Sommerdom, der schon seit Ende der 1940er-Jahre stattfand und zunächst „Hummelfest“ genannt wurde. Im Staatsarchiv fand Tiews eine behördliche Aktennotiz vom 21. Februar 1961, in der es heißt, dass der Sommerdom sei eingerichtet worden, „um den Schaustellern eine Erwerbsmöglichkeit zu geben als Ausgleich für ihre verlorenen Reisegebiete in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands“. So hat sich auf Hamburgs großem Festplatz immer die politische und wirtschaftliche Situation Deutschlands widergespiegelt, auch wenn das den meisten Menschen kaum bewusst sein wird. Inzwischen gehören sowohl Besucher als auch Schausteller aus allen Teilen des wiedervereinigten Deutschlands zum Dom-Alltag.

“So hat sich auf Hamburgs großem Festplatz immer die politische und wirtschaftliche Situation Deutschlands widergespiegelt, auch wenn das den meisten Menschen kaum bewusst sein wird.”

Der Ansturm der Millionen, der sich in schöner Regelmäßigkeit dreimal im Jahr ereignet, hat allerdings auch seinen Preis. So zeigte sich Anfang des neuen Jahrtausends, dass der 150.000 Quadratmeter große Festplatz dringend saniert werden muss. Auch das hat nicht zuletzt mit den Lasten der Geschichte zu tun, denn unter dem Boden des Heiligengeistfeldes wurden nach dem Krieg tonnenweise Schutt und Munitionsreste verbuddelt, darunter manche nicht explodierte Fliegerbombe. Seit 2012 hatte der Kampfmittelräumdienst gut zu tun, diese gefährlichen Dinge unschädlich zu machen und zu beseitigen.


Das bunte Treiben


Quelle: https://www.instagram.com/mitvergnuegenhh/

Exkurs: Sportveranstaltungen auf dem Heiligengeistfeld 

Doch in Anbetracht seiner Ausdehnung eignet sich das Heiligengeistfeld eben auch für Großveranstaltungen, an denen manchmal gleichzeitig mehrere Zehntausend Menschen teilnehmen können. Eines dieser deutschlandweit vielbeachteten Großereignisse ist das 9. Deutsche Turnfest, das am 23. Juli 1898 eröffnet wird. 10.000 Sportler aus dem ganzen Reich kommen nach Hamburg. Den Auftakt macht ein Festumzug durch die Stadt, der ein bisschen aussieht wie ein Kölner Karnevalsumzug, obwohl die Teilnehmer das keineswegs beabsichtigen. Die Turnerschaft, die sich schon in den Befreiungskriegen hervorgetan hat, gilt als patriotisch, national und seit der Reichsgründung auch als sehr kaisertreu. So ziehen sie durch Hamburg und führen dabei Festwagen bei sich, auf denen allegorische Darstellungen zu sehen sind, die „Germania“ zum Beispiel und natürlich darf auch die „Hammonia“ als Verkörperung der gastgebenden Hansestadt nicht fehlen.  Fünf Tage lang zeigen die weiß gekleideten Turner an Reck und Barren auf dem Heiligengeistfeld ihre Leibesübungen.

1884 findet, von zwei Hamburger Vereinen ausgerichtet, der erste internationale Wettbewerb für Eisschnelllauf und Eiskunstlauf statt. Diese Sportveranstaltung ist tagelang Stadtgespräch, trotz recht hoher Eintrittspreise kommen Zehntausende Besucher, um den Wettkampf der Wintersportler zu verfolgen. Da das Interesse so groß ist, folgen bald ähnliche Wettkämpfe. Das im Januar 1885 veranstaltete Eisschnelllauf-Rennen gilt als die erste Ausscheidung in Deutschland, deren Ergebnisse überliefert werden. Und im Februar 1887 lädt Hamburg zur ersten deutschen Meisterschaft im Eisschnelllauf ein, die wiederum auf dem Heiligengeistfeld ausgetragen wird.

Das nächste Sport-Großevent steht 2024 an. Denn dann wird Deutschland Gastgeber der Fußball-Europameisterschaft sein, und Hamburg ist eine der Spielstätten. Schon jetzt scheint sicher, dass das Heiligengeistfeld dann wieder Schauplatz eines ganz großen Fanfestes sein wird. So wie damals zum Sommermärchen 2006, als hier insgesamt mehr als 1,5 Millionen Menschen fröhlich und friedlich gemeinsam fieberten und feierten. Anfang des neuen Jahrtausends zeigte sich aber auch, dass der 150.000 Quadratmeter große Festplatz dringend saniert werden muss. Stromversorgung und Entwässerung, Verkehrswege und die Eingangsbereiche der U-Bahn-Stationen St. Pauli und Feldstraße stehen seither auf der To Do-Liste. Nach den Anschlägen von Nizza und Berlin ist außerdem klar geworden, dass gerade jene signifikanten Orte, die für Vergnügen und Freude stehen, zum Tatort von Gewalt und Terror werden können. Ein solches Ereignis soll der Chronik des Heiligengeistfelds nie hinzugefügt werden müssen.


Das Heft zum Artikel 

Hamburg History Live ist das Magazin der Historischen Museen Hamburg. In zwei Ausgaben pro Jahr werden spannende Kapitel aus der Geschichte Hamburgs und des Nordens erzählt, Hamburger Künstler vorgestellt, die historische Entwicklung der Hamburger Stadtteile präsentiert – und über das Programm der Historischen Museen Hamburg informiert.

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