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Hamburg Symbiose von Stadt und Hafen in der globalisierten Welt

Von Wolfgang Michalski

Es gibt nur sehr wenige Städte, die über die Jahrhunderte immer wieder von der Globalisierung profitiert haben, – Städte, die bereits vor rund 800 Jahren ein bedeutender Handelsplatz und Seehafen waren und es auch heute noch sind. Eine davon ist Hamburg.

Globalisierung ist kein Phänomen der Neuzeit. Bezogen auf die jeweils relevante Weltwirtschaft, beginnt der Prozess einer zunehmenden wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen überregionalen Verflechtung im Mittelmeerraum bereits im 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Nach Athen, das seine Vormachtstellung im östlichen Mittelmeer ausbaute, folgten das Römische Reich und die Seeherrschaft Venedigs im Süden. Im Norden Europas war es die Hanse, die den Prozess der überregionalen wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtung einleitete. Die unterschiedlichen Phasen der Globalisierung waren immer durch tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel gekennzeichnet. Zudem war Globalisierung niemals flächendeckend. Sie wurde immer durch die Interaktionen Wirtschaft und Politik in dynamischen urbanen Zentren geprägt. Das gilt in der Zeit der Dominanz der Spanier und Portugiesen ebenso wie für die folgenden Phasen der Globalisierung, die durch die Holländer im 17., die Engländer im 19. und die Amerikaner in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts vorangetrieben wurden. Es gibt indessen nur sehr wenige Städte, die über die Jahrhunderte immer wieder von der Globalisierung profitiert haben, – Städte, die bereits vor rund 800 Jahren ein bedeutender Handelsplatz und Seehafen waren und es auch heute noch sind. Eine davon ist Hamburg. Andere große Handels- und Hafenzentren der Vergangenheit wie Visby, Lübeck, Brügge oder Venedig sind heute weitgehend Museen. Rotterdam und Amsterdam waren noch kleine Dörfer, als Hamburg schon eine bedeutende Hansestadt war. New York, Tokyo, Shanghai oder Singapur gab es zu dieser Zeit noch nicht. Paris war immer primär eine Residenzstadt und kein internationales Handelszentrum.

Johann Georg Stuhr, Baumhaus mit Nieder- und Binnenhafen, 1690, Patriotische Gesellschaft, Foto Ehlert
Johann Georg Stuhr, Baumhaus mit Nieder- und Binnenhafen, 1690, Patriotische Gesellschaft, Foto Ehlert

DIE ANFÄNGE

Das Erfolgsrezept Hamburgs bestand darin, sich dem politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und technologischem Wandel immer innovativ und flexibel anzupassen und sich die Veränderungen insbesondere des wirtschaftlichen und technologischen Umfelds immer wieder zunutze zu machen. Das heißt: Der Aufstieg Hamburgs und seines Hafens ist nicht nur seiner bevorzugten geographischen Lage und den Zufälligkeiten der geopolitischen und weltwirtschaftlichen Entwicklung zu verdanken, sondern auch einer im Großen und Ganzen klugen Politik. Den zentralen Angelpunkt dieser Politik bildete eine wettbewerbsorientierte Politik der positiven Strukturanpassung, die weitgehend darauf verzichtet hat, nicht oder nicht mehr wettbewerbsfähige Branchen und Unternehmen künstlich am Leben zu halten. Unterstützt wurde diese Strategie durch ein klares Bekenntnis zum freien internationalen Handel, durch eine liberale Einwanderungs- und Ansiedlungspolitik, durch eine Politik des stabilen Geldes sowie durch eine besonders hafenorientierte Infrastrukturpolitik.

Wollen Hamburg und sein Hafen sowie die Metropolregion auch in Zukunft zu den Gewinnern der Globalisierung gehören, gilt es diesen Kurs unter Berücksichtigung der veränderten Bedingungen von heute beizubehalten. Um zu verstehen, worauf es hier ankommt, und aus der Vergangenheit die richtigen Lehren zu ziehen, werden im Folgenden zunächst die Wirtschaftsgeschichte Hamburgs und einige in diesem Zusammenhang wichtige Politikbereiche in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt

Die Entwicklung Hamburgs und seines Hafens im Zeitraffer 

Zunächst einige historische Rahmendaten: Die Anfänge der Geschichte Hamburgs liegen im Dunkeln. Die zuverlässig dokumentierte Geschichte der Stadt beginnt nicht vor der Mitte des 10. Jahrhunderts, als Kaiser Otto der Erste, ein Sohn Karls des Großen, Hamburg nicht nur das Marktrecht, sondern auch das Recht verlieh, eigenes Geld zu haben und Zölle zu erheben. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass Hamburg auch zu dieser Zeit schon einen Hafen gehabt hat. Offiziell wird als Geburtstag des Hafens indessen der 7. Mai 1189 angesehen. An diesem Tag soll Kaiser Friedrich I Barbarossa einen Freibrief unterzeichnet haben, der Hamburg das Recht des freien Verkehrs für Personen und Güter auf der Elbe bis hin zur Nordsee übertragen hat. Ob es diese Urkunde je gegeben hat, weiß man nicht. Sicher ist lediglich, dass das Exemplar, das im Staatsarchiv liegt, eine Fälschung aus der Zeit um 1265 ist. Das „mare nostrum“ des Nordens war zu dieser Zeit die Ostsee und die bedeutendsten Handelsplätze waren zunächst Visby und dann Lübeck. Hamburg lag sozusagen im toten Winkel der Weltwirtschaft. Doch es profitierte vom Aufstieg Lübecks und wurde zu Lübecks Nordseehafen.

Im Jahre 1266 wurde Hamburg dann auch selbst Hansestadt. Die Befreiung aus der Dominanz von Lübeck ging in kleinen Schritten von sich. Sie begann um 1320, als Hamburg Bremen als europäische Bierhauptstadt ablöste. Hamburger Bier wurde nicht nur nach Russland, sondern auch nach England, Holland, Spanien und Portugal exportiert. Zugleich mit dem Braugewerbe hatte sich in Hamburg die Herstellung von Fässern etabliert. Das heißt: Hamburg war von der Frühzeit an nicht nur Hafen, sondern auch Produktionsstandort.

Der Aufstieg Hamburgs beschleunigte sich, als sich der internationale Handel in der von den Spaniern und Portugiesen eingeleiteten nächsten Phase der Globalisierung schwerpunktmäßig von der Ostsee auf den Atlantik verlagerte. Bereits 1620 war Hamburg Deutschlands größte Stadt und größter Hafen, eine Position, die die Stadt ständig weiter ausbauen konnte. Gefördert wurde diese Entwicklung unter anderem dadurch, dass Hamburg als eine der besten befestigten Städte Europas erheblich vom dreißigjährigen Krieg profitierte, und zwar einerseits durch Zuwanderung und andererseits durch internationale Finanztransaktionen und Rüstungsgeschäfte.

Hamburg wird zum Global Player

Nachdem Hamburg in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zum führenden Tuchhandelsplatz in Europa aufgestiegen war, löste es wenig später Bordeaux als Zentrum der europäischen Zuckerindustrie ab. Wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hatte die Tatsache, dass der französische König beschlossen hatte, einen Zoll auf englische Kohle zu erheben und einen Mindestlohn einzuführen. Einmal mehr zeigt sich hier, dass protektionistische Maßnahmen in der Regel dem Land, das sie anwendet, den größten Schaden zufügen. Um 1798 schließlich wurde Hamburg der führende Handels- und Finanzplatz auf dem europäischen Kontinent. Genau wie die Elbmetropole im 16. Jahrhundert vom Niedergang Antwerpens profitierte, war sie nun neben London der hauptsächliche Gewinner der Schwierigkeiten von Amsterdam. Auch dieser Fall ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine Verschlechterung der Standortbedingungen in der globalisierten Welt zur Delokalisierung wirtschaftlicher Aktivitäten führen kann. Hundert Jahre später, nämlich gegen 1900, war Hamburg nach London und New York der drittgrößte Hafen der Welt. Dies war die Zeit, als sich auch in Hamburg der Aufbruch in die Moderne vollzog, und Hamburg, obwohl es inzwischen durch seine Eingliederung in das Deutsche Reich seine politische Selbständigkeit verloren hatte, eine wirkliche Weltstadt war.

Hamburg vor dem Zollanschluss, undatiert, Museum für Hamburgische Geschichte

DER HAMBURGER HAFEN IN FAKTEN

  • Hamburg die größte Stadt der Europäischen Union, die nicht zugleich auch Hauptstadt ist.
  • Die Hansestadt ist die größte Industriestadt Deutschlands und nach Seattle und Toulouse der weltweit drittwichtigste Standort für die zivile Luftfahrtindustrie.
  • Andere wichtige Wirtschaftszweige in Hamburg umfassen die Bereiche Neue Energien mit den Schwerpunkten Wind und Wasserstoff; Life Sciences, Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft; Medien, IT und Kreativwirtschaft sowie den Handel.
  • Motor der Hamburger Wirtschaft ist nach wie vor der Hafen. Gemessen an der Zahl der umgeschlagenen Container gehört Hamburg neben Rotterdam und Antwerpen zu den drei größten Häfen Europas und zu den zwanzig größten der Welt.
  • Knapp 130.000 Arbeitsplätze in Hamburg (11%) sind hafenorientiert.
  • Der Hamburger Hafen ist der größte Arbeitgeber für Schleswig-Holstein und nach Volkswagen der zweitgrößte für Niedersachsen. 
  • Hamburg ist nicht nur der größte Hafen Deutschlands, sondern auch der wichtigste Hafen von Österreich und der Tschechischen Republik im Süd-Osten Europas sowie für Schweden und Finnland im Norden.
  • China, Singapur und Russland sind die bedeutendsten Partnerländer des Hafens.
  • Weltweit ist Hamburg durch mehr als 10.000 Seeschiffe pro Jahr mit 950 Häfen in annähernd 180 Ländern verbunden.
  • 20 der 25 führenden Reedereien der Welt haben hier ihren Hauptsitz oder eine Niederlassung.

“Der Aufstieg Hamburgs und seines Hafens war nicht allein durch seine bevorzugte geographische Lage und die Zufälligkeiten der geopolitischen und weltwirtschaftlichen Entwicklung, sondern auch durch eine kluge Politik bedingt.”

Ein erstes Beispiel hierfür ist die Geld- und Währungspolitik. Sehr frühzeitig erkannten die Hamburger Kaufleute, dass der internationale Handel durch eine stabile Währung gefördert wird. Eine im Jahre 1255 mit Lübeck geschlossene Währungsunion ist historisch gesehen die erste Maßnahme in diesem Zusammenhang. Der Silbergehalt der Münzen wurde verbindlich festgelegt und ständiger Kontrolle unterworfen. Das bedeutete zum einen die Vereinfachung des Handels und die Verringerung der Transaktionskosten und zum anderen in einer Zeit genereller Münzverschlechterung eine Garantie der Geldwertstabilität. Schon diese bilaterale Währung wurde für lange Zeit die meist gebrauchte Währung in Norddeutschland. Sie wurde darüber hinaus zum Modell für den Wendischen Münzverein, der von 1397 bis 1566 bestand und der außer Hamburg und Lübeck auch Wismar und Lüneburg sowie zeitweise Rostock, Greifswald, Stralsund und Stettin mit einschloss. 

Im Jahre 1619 wurde dann die Hamburger Bank gegründet und mit der Mark Banco eine eigene durch einen Silberschatz abgesicherte hamburgische Währung geschaffen. Im sonst weitgehend inflationären europäischen Umfeld genoss diese Währung über zweieinhalb Jahrhunderte hinweg im internationalen Handel höchstes Ansehen. Dass man in Hamburg die Europäische Währungsunion begrüßte, aber zunächst gleichzeitig Sorge um die Stabilität der neuen Währung verspürte, entsprach somit in gewisser Weise einer Jahrhunderte alten Tradition, – eine Sorge, die im Übrigen ebenfalls zum Ausdruck kam, als Hamburg im Jahre 1875 seine eigene Währung zugunsten der Goldmark aufgeben musste.

Auch die liberale Einwanderungs- und Niederlassungspolitik hat der Stadt und dem Hafen immer wieder zu neuer Blüte verholfen. Nicht nur, dass es in Hamburg im Jahre 1376 bereits 84 holländische Kaufleute gab, weitere 40 kamen aus Lübeck und 35 aus England.

Von den 40.000 Einwohnern im Jahre 1619 waren in der Folge ein Viertel Nichtdeutsche.

Ohne den Hafen und ohne die damit einhergehende Offenheit zum Ausland hätte es wahrscheinlich auch die beiden nächsten Entwicklungsschübe nicht gegeben. Im Jahre 1564 nahm Hamburg unter Verstoß gegen das Niederlassungsrecht der Hanse und zur großen Empörung Lübecks die englischen Merchant Adventurers auf, die Antwerpen verlassen mussten. Auf diese Weise erlangte Hamburg eine führende Position im europäischen Tuchgeschäft.

Titelbild des Hamburger Stadtrechts von 1497, Museum für Hamburgische Geschichte
Auch 500 Jahre später noch Hamburgs größter Vorzug: Der Hafen. Plakat für Hamburg-Werbung, Litografie von Bruno Karberg, 1933.

Gegen den erbitterten Widerstand der eigenen Kirche wurde dann zu Ende des 16. Jahrhunderts den reformierten Holländern und den spanischen und portugiesischen Juden Zuzug gewährt. Von den 40.000 Einwohnern im Jahre 1619 waren in der Folge ein Viertel Nichtdeutsche. Die für Hamburg positiven Effekte dieser Zuwanderungen lagen indessen nicht nur darin, dass die Neuankömmlinge ihre kaufmännischen und technischen Fähigkeiten, ihr Kapital und ihre internationalen Handelsbeziehungen mitbrachten. 

Entscheidend war darüber hinaus, dass sie in der Regel außerhalb der traditionellen Ämter bzw. Zunftordnungen tätig waren und damit die verkrusteten traditionellen Strukturen aufbrachen, was der hamburgischen Wirtschaft immer wieder eine neue Dynamik verlieh.



Das dritte Politikfeld, das ich ansprechen möchte, ist die Handelspolitik. Hamburg war in erster Linie eine Handelsstadt, und seine Kaufleute waren es gewöhnt, dass man sich im internationalen Wettbewerb sowohl im Ausland als auch auf dem Heimatmarkt immer wieder neu behaupten musste. Die Folge war eine grundsätzliche Ablehnung seitens des Senats und der Kaufmannschaft gegen jede Art protektionistischer Handelspolitik. Relativ früh zeigte sich dies, als Hamburg zunehmend gegen die protektionistischen Regeln der Hanse verstieß.

Über die Jahrhunderte hatten die Hamburger Kaufleute gelernt, dass es nicht immer nur aufwärts ging und man sich den laufend wechselnden Verhältnissen auf den Märkten immer wieder flexibel anpassen musste.

Am deutlichsten kam dies zum Ausdruck, als sich Hamburg ebenso wie Bremen und Lübeck im Jahre 1834 weigerte, dem Deutschen Zollverein beizutreten. Zum Zollinland wurde Hamburg schließlich unter massivem Druck der Reichsregierung im Jahre 1888. Doch auch dieser Schritt wurde erst vollzogen, nachdem Berlin akzeptiert hatte, dass der überwiegende Teil des Hafens zum Freihafen wurde. Hamburgs Interessen als Handelsstadt lagen und liegen immer noch im freien internationalen Handel, und es wundert daher nicht, dass gewisse protektionistische Tendenzen in der Europäischen Union von Hamburg aus auch heute immer wieder mit erheblicher Skepsis beobachtet werden.


ÜBER DEN AUTOR

Wolfgang Michalski, ehemaliger Direktor und Leiter des Planungsstabes der OECD und Hamburg Ambassador in Paris

Wolfgang Michalski ist ein international anerkannter Experte auf dem Gebiet der längerfristigen wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Entwicklung und ihrer Implikationen für Entscheidungen in Wirtschaft und Politik. Er ist als Berater für Unternehmen, Regierungen und internationale Organisationen in strategischen und wirtschaftspolitischen Fragen tätig. Mehr als 20 Jahre lang, von 1980 bis Ende 2001, leitete Wolfgang Michalski als Direktor den Planungsstab der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris. Bevor er in das Sekretariat der OECD eintrat, bekleidete er eine Reihe leitender Positionen in der angewandten Wirtschaftsforschung. Wolfgang Michalskis wissenschaftliche Qualifikationen umfassen: Promotion zum Dr. rer. pol. 1964; Habilitation 1970; Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg 1974; Ehrendoktor der Wirtschaftshochschule Warschau 2001. Seine Publikationen insgesamt 12 Bücher und über 130 Beiträge in Sammelwerken und Fachzeitschriften sind in mehr als zehn Sprachen übersetzt. Als Hamburg Ambassador vertritt Wolfgang Michalski die Freie und Hansestadt Hamburg in Paris.


Sandtorhafen, Foto um 1878, Museum für Hamburgische Geschichte

Auf gleicher Linie wie die negative Einstellung zum Protektionismus lag und liegt die grundsätzliche Ablehnung seitens des Senats und der Kaufmannschaft, nicht oder nicht mehr wettbewerbsfähigen Branchen oder Unternehmen durch staatliche Interventionen künstlich am Leben zu halten. Über die Jahrhunderte hatten die Hamburger Kaufleute gelernt, dass es nicht immer nur aufwärts ging und man sich den laufend wechselnden Verhältnissen auf den Märkten immer wieder flexibel anpassen musste. Für den Niedergang des Braugewerbes gilt dies ebenso wie für jenen der Tuchindustrie und der Zuckerwirtschaft.

Dass staatliche Intervention gegen fundamentale Marktkräfte kaum eine Chance hat, musste Hamburg darüber hinaus auch in den 1970er und 1980er Jahren erfahren, als der Hafen seine führende Position im Schiffbau und in der Mineralölindustrie verlor. Eine bedeutende und erfolgreiche Ausnahme von der Regel stellte indessen die Stützung der großen Handelshäuser in der ersten globalen Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahre 1857 dar. Auch in diesem Fall wurden die massiven Subventionswünsche der Kaufmannschaft zunächst abgelehnt. Der Option der staatlichen Stützung wurde erst dann zugestimmt, als es keinen Zweifel mehr daran gab, dass ein möglicher Bankrott selbst der größten Unternehmen zu befürchten war, dass dies die gesamte Wirtschaft der Stadt mit sich in die Tiefe reißen würde und dass es sich somit – ganz ähnlich wie im amerikanischen und europäischen Bankensektor im Jahre 2008 – um eine äußerst gefährliche Systemkrise handelte.

Völlig anders war die Einstellung zur staatlichen Intervention, wenn es um die hafenrelevante Infrastruktur ging. Damals wie heute standen vier Aspekte im Vordergrund: die sichere Navigation auf der Unterelbe bis zur Nordsee, die Anbindung des Hafens an das Hinterland, die Erweiterung des Hafens im Lichte des zunehmenden Schiffsverkehrs und die Anpassung des Hafens an neue Technologien.


Hamburgs erstes Seezeichen 

Schon zwischen 1299 und 1310 wurde auf Neuwerk ein erstes großes hölzernes Seezeichen errichtet. Der heutige steinerne Turm stammt aus dem Jahre 1377 und ist das älteste erhaltene Bauwerk Hamburgs. Die ersten Baken und Fahrwassertonnen wurden in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts ausgelegt. Die Gewährleistung einer hinreichenden Wassertiefe lag zunächst in der Verantwortung der 1548 gegründeten Düpe-Kommission und anschließend bei der Admiralität.


Währungspolitik, Einwanderungspolitik, Handelspolitik sowie Wettbewerbs- und Subventionspolitik, – all diese Bereiche gehören nicht mehr zu den Aktionsfeldern, in denen die Elbmetropole, ihren Traditionen folgend, eigene Wege gehen kann. Bedenkt man überdies, dass selbst die Bundesregierung in der Währungspolitik und der Handelspolitik kein direktes Mandat mehr hat und dass auch sie in vielen anderen Politikbereichen wie der Wettbewerbspolitik oder der Subventionspolitik nicht mehr eigenständig ohne Rücksicht auf die Regeln und Abstimmungsprozesse in der Europäischen Union agieren kann, stellt sich in der Tat die Frage, welches denn wohl die Lehren sind, die man auch heute noch aus der erfolgreichen Entwicklung und Politik Hamburgs in der Vergangenheit ziehen kann.

Welches sind die Lehren sind, die man auch heute noch aus der erfolgreichen Entwicklung und Politik Hamburgs in der Vergangenheit ziehen kann?

Zunächst einmal ist festzustellen, dass sich die grundlegenden politischen und insbesondere wirtschaftspolitischen Herausforderungen nicht damit ändern, dass einige der überkommenden Instrumente nicht mehr zur Verfügung stehen. Nach wie vor ist der Prozess der Globalisierung durch tiefgreifenden und unvorhersehbaren Wandel gekennzeichnet. Das bedeutet wie in der Vergangenheit: nur jene Städte werden in diesem Umfeld auf die Dauer erfolgreich sein, die auf die Kräfte der Veränderung und nicht auf jene des Beharren setzen. Worauf es also ankommt, ist den Wandel zu akzeptieren, den Prozess der Veränderung, wo immer dies möglich ist, mitzugestalten, und wo dies nicht möglich ist, sich flexibel und innovativ anzupassen. Für die Politik im Allgemeinen bedeutet dies, ein wirtschaftliches und gesellschaftliches Klima zu schaffen, das die positive Einstellung zum Wandel fördert und der Übernahme von Risiko einen positiven Wert beimisst.

Speziell für die Regional- und Standortpolitik gilt es, den wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Ordnungsrahmen so zu gestalten, dass er dazu beiträgt, Marktprozesse mit übergeordneten Zielsetzungen kompatibel zu machen, ohne das Funktionieren der Märkte und die unternehmerische Initiative negativ zu beeinflussen. Es steht außer Zweifel, dass eine Stadt wie Hamburg unter Beachtung der Symbiose von Stadt, Wirtschaft und Hafen in diesem Rahmen auch heute noch eigene Wege gehen kann. Entscheidende Stichworte in diesem Zusammenhang sind: Investitionsklima, urbane und hafenorientierte Infrastruktur, Wissenschaft und Forschung, Bildung und Ausbildung sowie Attraktivität als Wohnort.


Der Beitrag entstand im Rahmen des ersten von drei Symposien zur Errichtung des Deutschen Hafenmuseums.

DIE GESCHICHTE DER ELBVERTIEFUNG

15. Jahrhundert

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gab es zunehmend Engpässe in Bezug auf Liegeplätze und Lagerhäuser. Um 1460 wurde darum die erste großflächige Hafenerweiterung realisiert: Der Hafen, der bisher in der Stadtmitte an Alster und Bille lag, wurde Richtung Elbe verlegt. Solange es Segelschiffe gab, lagen diese mitten im Hafen an Duckdalben. Parallel zur Einführung des Dampf- und später des Motorschiffs wurden Kaimauern und Schuppen gebaut.

19. Jahrhundert

Seit der ersten größeren Elbvertiefung zwischen 1818 und 1825, in der zum ersten Mal auch dampfbetriebene Eimerkettenbagger eingesetzt wurden, um die Elbe auf eine Solltiefe von 4,50 m zu bringen, hat es acht weitere Fahrrinnenanpassungen gegeben.

Nach der Containerisierung 1960er Jahre

Heute wird das Bild des Hafens primär durch die vier Container-Terminals geprägt. Hinzukommen Spezialterminals für Massengüter, Schwergut und Roll-on/ Roll-off-Schiffe sowie drei Terminals für die Kreuzfahrt. Feeder-Schiffe, die Bahn einschließlich Hafenbahn und die Straße sowie zu einem ganz geringen Teil auch Binnenschiffe sorgen für die Hinterland-Anbindung.

So wichtig die direkt hafenbezogene Infrastruktur auch ist, Hamburg könnte im Wettbewerb mit den anderen großen Häfen an der Nordsee nicht bestehen, wenn die Hafeninfrastruktur nicht durch eine effiziente urbane Infrastruktur sowie durch eine große Zahl komplementärer Wirtschaftszweige ergänzt würde. Dazu gehören nicht nur die etwa 7300 Transport und Logistikunternehmen, die in Hamburg ansässig sind, sondern nach wie vor auch die Handelshäuser und die Außenhandelsbanken. Hinzu kommt, dass es für den Standort Hamburg immer wichtiger wird, nicht nur Transithafen zu sein.

Die Zukunft

Heute wartet man auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts um einerseits die Wassertiefe von 16,7 auf 17,4 m zu erhöhen und andererseits die Breite des Fahrwassers den heutigen Schiffsgrößen anzupassen. Hiermit stellt sich erneut die Frage der Zukunft des Hamburger Hafens. Die generelle Antwort ist sicherlich: Wollen Hamburg und sein Hafen sowie die Metropolregion auch im 21. Jahrhundert zu den Gewinnern der Globalisierung gehören, gilt es den bisherigen Kurs unter Berücksichtigung der veränderten Bedingungen beizubehalten. Das Problem ist nur, dass sich die Bedingungen zum Teil so fundamental geändert haben, dass die generelle Antwort fast zur Leerformel wird.