Eine Flucht und das Leben im Exil bedeuten für die meisten Menschen, vor einer völlig neuen Lebenssituation zu stehen. Oft lassen die Betroffenen alles zurück und sind gezwungen sich schnell in einer neuen Heimat zurechtzufinden. Doch mit welchen Emotionen, Erinnerungen und Gedanken ist ein solcher Prozess eigentlich verbunden und was hilft Geflüchteten sich in einem anfänglich fremden Land heimisch zu fühlen?
Die Ausstellung „Lichtblicke“ zeigt Bilder und lyrische Texte, die von jungen Geflüchteten völlig unterschiedlicher Herkunft erarbeitet wurden und einen tieferen Einblick in ihre Gedankenwelt ermöglichen sollen. Die Ausstellung ist ein Ergebnis des Projektes „wirsprechenfotografisch“, dass 2017 den Bildungspreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) erhalten hat.
Die Islam- und Politikwissenschaftlerin Joceline Berger-Kamel initiierte das Projekt Anfang 2015 und begann mit jungen Geflüchteten zu arbeiten. Dazu kamen die Pädagogen Paul Steffen (Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein) und Claudia Schneider (ehem. VHS Hamburg), der Kommunikationsdesigner Tobias Hoss und der Fotojournalist und Filmemacher Mohammad Al Bdwi.
Ausgerüstet mit Kameras haben sich das Team von „wirsprechenfotografisch” und 20 junge Fotografie-Interessierte aus fünf unterschiedlichen Erstaufnahmen für Geflüchtete in Hamburg für die Ausstellung „Lichtblicke” auf den Weg gemacht, um sich fotografisch mit der Thematik des Ankommens und dem Leben im Exil auseinanderzusetzen. Dabei ist ein breites Spektrum an Motiven entstanden, die die TeilnehmerInnen, unter anderem aus Afghanistan, Tschetschenien und Syrien stammend, zur fotografischen Umsetzung gewählt haben.
So vielfältig wie die Bilder sind auch die in einer kreativen Schreibwerkstatt erarbeiteten lyrischen Texte zu den Fotos. Im Häuschen eines Schrebergartens in Wilhelmsburg saß man in literarischer Runde zusammen und betrachtete die entstandenen Bilder gemeinsam nochmal aus anderer Perspektive. Viele Gedanken und Eindrücke wurden ausgetauscht. Und dann wurde geschrieben.
Das Ergebnis ist eine bunte und berührende Ausstellung, die zum Nachdenken anregen soll und ab dem 22. August 2018 im Altonaer Museum zu sehen ist. Begleitend zur Ausstellung findet eine Veranstaltungsreihe statt, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit dem Thema und Flucht und Heimat auseinandersetzen wird.
Die Fotos und Texte der Geflüchteten werden in der Ausstellung durch einige Beispiele von Flucht und Neuankunft aus der Altonaer Geschichte ergänzt. Die Landesherren von Altona – ab 1601 Graf Ernst von Schauenburg und ab 1640 die dänischen Könige – gewährten bereits Glaubens- und Gewerbefreiheit. Deshalb war Altona schon früh ein Ziel für Gruppen, die aufgrund ihrer Religion verfolgt wurden. Sephardische und aschkenasische Juden ebenso wie Mennoniten, Hugenotten, Katholiken und kleinere Sekten fanden in Altona eine neue Heimat. Und einen Ort, an dem sie ihre Religion leben durften. Vor diesem Hintergrund hat das Thema „Ankommen in Altona” auch historisch eine ganz besondere Bedeutung.
Eine Ausstellung in Kooperation mit:
Das Projekt „wirsprechenfotografisch“
Begegnung und Dialog schaffen mit der universellen Sprache der Fotografie – das liegt den Initiatoren von „wirsprechenfotografisch“ am Herzen. Das Projekt bringt junge Geflüchtete in Hamburg dazu, sich durch Fotografieren ihrer neuen Heimat anzunähern, sich mit Schicksalsverwandten und anderen auszutauschen und spielerisch zu lernen: die neue Sprache, neue Regeln, eine neue Umwelt und anderes mehr. “In all unseren Projekten mit Jugendlichen unterschiedlicher Kulturen bestätigte sich der Ansatz, dass Fotografie ein Medium ist, mit dem man auf vielen Ebenen lernen kann. Der Weg bis zu einem fertigen Foto erfordert mehrere Arbeitsschritte, die unterschiedliche kognitive und soziale Fähigkeiten fördern. Durch das Fotografieren schärft sich der Blick für die Umwelt. Man nimmt Details wahr, blickt während eines Stadtrundganges auch mal nach oben und auf den Boden. Man wird neugieriger und offener.” (Projekt-Team „wirsprechenfotografisch“)