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Ein Ort für notleidende Hinterbliebene Von der Einrichtung der Kramer-Witwen-Wohnungen

„Solch gutes Werck“ (Pabel nach Staatsarchiv Hamburg) wollten die Mitglieder des Kramer Amts tun, als sie sich Ende des 17. Jahrhunderts aufmachten, einen Ort zu schaffen, an dem notleidende Amtsschwestern und Witwen unterkommen könnten. Auch heute, gut 350 Jahre später, ist der kleine Häuserzug am Krayenkamp unterhalb der St. Michaelis-Kirche geprägt von diesem Gedanken. Eine kleine Wohnung ist als Außenstelle des Museums für Hamburgische Geschichte eingerichtet, und das Restaurant trägt den Namen Krameramtsstuben. Doch wie kam es zu dieser besonderen Einrichtung?

Die Witwen von Zunftmitgliedern sowie deren Töchter (diese konnten, anders als in anderen Zünften, genau wie ihre Brüder den Titel eines Vaters nach dessen Tod erben) sollten Hilfe bekommen, sollten sie nach dem Tod des Familienoberhaupts in finanzielle Not geraten sein oder einen neuen Ort zum Leben benötigen. Deshalb erwarb die Zunft ein Anwesen nahe der neu errichteten Kirche St. Michaelis, was man unter anderem wegen der Nähe zur Kirche als sehr praktisch empfand sowie wegen zweier Wasserpumpen, an denen man sich bedienen konnte.

Auf diesem Gelände standen bereits mehrere Gebäude, die wohl zu Beginn des 17. Jahrhunderts errichtet worden waren: ein Doppelhaus, das die Zunft dann vermietete, sowie ein sogenanntes „Lusthaus“ und ein Gartenhaus. Die beiden kleineren Häuser wurden als Eckpunkte der neuen Witwenwohnungen auserkoren. Autor Reinhold Pabel schreibt, dass dem die damals im Hamburg übliche Form einer Hofgestaltung zugrunde gelegen habe: ein hinter einem schon bestehenden Wohnhaus gelegenes (Garten-)Gelände wurde mit zwei durch einen relativ schmalen Gang getrennte Häuserzeilen zusätzlich bebaut. Zuerst sollten zehn Fachwerkreihenhäuser erbaut werden, in denen also 10 Frauen leben konnten. Nachdem die Arbeiten bereits begonnen hatten, entschied man sich, den Platz zu verdoppeln. Durch den Ausbau der Dachgeschosse sowie das Aufsetzen einer Mansarde konnten in einer Wohnung zwei Personen leben.

Bis 1866 blieb die kleine Wohnanlage in Betrieb der Zunft. Danach wurden die Zünfte aufgelöst, doch auch die Hamburger Sozialbehörde brachte dort weiterhin ältere Damen unter. In den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts allerdings wurde der Bedarf einer Sanierung immer deutlicher. Die sanitären Anlagen erfüllten die Ansprüche an Hygiene nicht mehr, zu Zeiten der Erbauung waren die Toiletten etwa unter den Treppen angebracht worden, die Elektronik für das Licht und die Ofenheizungen waren veraltet. 1969 zogen die letzten Bewohnerinnen aus, danach begann eine Sanierung, die 1974 beendet war. In die kleinen Häuser zogen unter Federführung des Denkmalschutzamtes Läden, Galerien und gastronomische Betriebe, die alle Lokalkolorit mitbrachten. Das Haus c wurde später als Musterwohnung mit Möbeln aus der Biedermeierzeit eingerichtet. Die Brücke am Ende der Gasse ist nicht Teil des ursprünglichen Erscheinungsbilds gewesen, sie wurde erst später hinzugefügt.

Quellen: Reinhold Pabel: Im Schatten des Michel. Das Kramer-Amt in Hamburg und seine Witwen-Wohnungen am Krayenkamp. Hamburg: Hans Christians Verlag, 1978.

Dirk Schubert: Hamburger Wohnquartiere. Ein Stadtführer durch 65 Stadtteile. Berlin: Dietrich Reimer Verlag, 2005.