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Fernsehturm und Schöpfer

März 2018
Von Matthias Seeberg

Unter dem Kosenamen Telemichel gilt er längst als eines der Hamburger Wahrzeichen: Mit seinen 280 Metern ist der Heinrich-Hertz-Turm aus der Silhouette der Elbmetropole nicht wegzudenken. 

Fernsehturm Hamburg, 1970-1989. Foto: SHMH

Den „Kuchen satt“ für günstige fünf Mark aus den Kindheitserinnerungen etlicher Hamburger gibt es schon lange nicht mehr. Trotzdem: Seit nunmehr 50 Jahren schmückt der Hamburger Fernsehturm das Bild der Stadt und findet sich auf unzähligen Postkarten, Buchumschlägen und Werbemedien des Stadtmarketings.

Etwas in Vergessenheit geraten ist leider der Architekt, dem der einstige Fernmeldeturm seine prägnante Form verdankt. Fritz Gustav Trautwein, 1911 in Berlin geboren und vor 25 Jahren in Hamburg gestorben, zog es in der Jugend zur Schriftstellerei, studierte aber auf mütterlichen Rat hin Architektur. Die TH Berlin galt damals als eine der renommiertesten Lehrstätten für künftige Baumeister – nicht zuletzt wegen Trautweins Lehrer Hans Poelzig und dessen Konzept des skulpturalen Entwerfens. Ihm verdanken die Trautwein’schen Bauten die bis heute häufig genannten Attribute markante Figürlichkeit, grazile Leichtigkeit und bewegte Formensprache.

Und diese Merkmale sind nicht nur am Fernsehturm zu beobachten – sie beschreiben einen großen Teil seines Schaffens in den Nachkriegsjahrzehnten. Neben dem Gebäude des Rowohlt-Verlages in Reinbek sind hier die U-Bahn-Haltestellen Jungfernstieg und Landungsbrücken zu nennen, für deren bauliche Gestaltung Trautwein verantwortlich zeichnete. Sein eigentliches Faible war aber das Hoch-Hinaus-Bauen: Das im hohen Alter verfasste und nie veröffentlichte Buch Späte Entwürfe widmete sich deshalb auch konsequent keinen irdischen Bauten mehr, sondern den unendlichen Möglichkeiten der Raumfahrt.

Trotz vieler erhaltener Bauten und zahlreicher schriftlicher Zeugnisse fehlt es bislang an einer lückenlosen und an den Zeitläuften orientierten Biografie des Architekten. Die Architekturhistorikerin Sabine Kock forscht jedoch aktuell zu Fritz Gustav Trautweins Leben und Schaffen und hofft, ihre Ergebnisse bald in einem Buch bündeln zu können. Am schönsten wäre es natürlich, wenn diese Werkmonografie dann im neu eröffneten Restaurant des Telemichels präsentiert werden könnte.