Zum Inhalt springen
Direkt zum Inhalt wechseln

Ein Interview mit Sebastian Lux

September 2022

Er ist Kurator der Ausstellung “Chiffren einer Stadt. Fotografien von Hans Meyer-Veden”, die im Jenisch Haus zu sehen ist, und Leiter der Stiftung F.C. Gundlach.

Worum geht es in der Ausstellung “Chiffren einer Stadt. Fotografien von Hans Meyer- Veden”? Worin liegt die Essenz? 

Die Ausstellung gibt einen Einblick in die mehr als zwei Jahrzehnte währende fotografische Auseinandersetzung von Hans Meyer-Veden mit der Stadt Hamburg. Ausgehend von seinem neuen Wohnort Altona erkundete der Fotograf die Stadt am Strom mit seiner Kamera und schuf ein umfangreiches Oeuvre von Detailansichten und Stadtarchitektur-Aufnahmen, die zwischen subjektiver Ästhetik und dokumentarischer Darstellung oszillieren.

Welche Rolle spielt die Bezeichnung “Chiffren”? Stammt die Bezeichnung von Meyer- Veden selbst? Könnten sie als wiederkehrendes Moment seiner Arbeiten gedeutet werden?

Die Bezeichnung “Chiffren” ist von einer Selbstäußerung des Fotografen abgeleitet. Im Nachwort zu seinem Bildband “Altona” beschreibt er rückblickend, wie er in der Begegnung mit der Stadt zu einer neuen Gebrauchsweise der Fotografie fand und begann, aus Details ein Gesamtbild zu fügen, das von den Betrachtern entziffert werden kann. “Chiffren einer Stadt” sind demnach Bedeutung tragende Details und Einzelaufnahmen, die als Ganzes eine wahrhaftige Darstellung von Hamburg ergeben.

Sebastian Lux, Foto: Marie Hölscher

Welche Rolle spielen die Interventionen des Fotografen Michael Meyborg, der mpz Filmgruppe und des Street-Art Künstlers TONA in der Ausstellung?

In den Bildern von Hans Meyer-Veden sind kaum Menschen zu sehen. Das ist so intendiert, denn der Mensch im Bild zieht immer die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich und lenkt ab von der gewünschten Bildaussage – der Detailaufnahme von Hamburg. Um Hans Meyer-Vedens fotografische Bildsprache im Vergleich noch zu betonen und zugleich eine alternative Sichtweise anzubieten, haben wir drei Interventionen in die Ausstellung integriert, die zeitgleich oder an gleichen Orten die Bewohner der Stadt ins Bild setzen. Michael Meyborgs Serie “Von Ankara nach Altona” zeigt die Lebensumstände von türkischen Gastarbeiterfamilien, die Anfang der 1980er Jahre eine große Bevölkerungsgruppe in Altona darstellten. Die Stencils von TONA, die aus fotografischen Porträts von Kindern hervorgehen, bringen Leben in die von Hans Meyer-Veden fotografierten abseitigen Ecken der Stadt und der Film “Terrible Houses in Danger” der mpz Filmgruppe zeigt das Leben in den besetzten Häusern an der Hafenstraße, die von Hans Meyer-Veden als symbolische Architekturaufnahmen gezeigt werden.

Wo liegen die Schnittmengen zum “Motto” der diesjährigen Triennale der Photographie “Currency”? Was fällt mehr ins Gewicht: die “Währung” oder die “Aktualität”?

Für mich war zum einen der Wortstamm “current” – auf deutsch “Strömung” – ausschlaggebend für die Zusammenstellung der Ausstellung. Wir begleiten den Fotografen auf seinem Weg entlang des Stroms, entlang der Elbe, von der Speicherstadt durch Altona, am Hafen und am Elbstrand entlang bis zum Alten Land. “Currency” als Aktualität spielte bei der Wahl der Interventionen eine Rolle und bezieht sich auf die zeitlichen und räumlichen Parallelen der drei Positionen zu Aspekten im Werk von Hans Meyer-Veden.

Meyer-Veden wurde in Stade geboren und zog im Alter von 51 Jahren nach Altona. Woher kam seine Faszination für die Stadt Hamburg?

Die Stadt war ganz einfach seine Lebensrealität. Auf zahllosen Streifzügen und Spaziergängen begegnete ihm die Stadt in ihren Eigenheiten, geprägt von historischen und gesellschaftlichen Veränderungen und Realitäten und forderte ihn dazu auf, sie wahrzunehmen und darzustellen.

Woher rührte Meyer-Vedens Begeisterung für die Fotografie und was ist ganz allgemein über seine Person bekannt? War er schon immer als Fotograf tätig?

Hans Meyer-Veden kam erst spät zur Fotografie. Nach einer Lehre als Maschinenbauer im Schiffsbau begann er schließlich im Alter von 24 Jahren ein Studium an der HfbK Hamburg und wurde nicht nur zu einem erfolgreichen Fotografen sondern durch seine Professuren in Dortmund und Kiel sogar zu einem einflussreichen Lehrer.

Was meinen Sie: Empfiehlt sich ein aufmerksamer Spaziergang durch Altona vor oder nach dem Ausstellungsbesuch?

Ich würde zuerst durch die Ausstellung stöbern und danach, inspiriert von den Bildern, meinen Weg durch Altona fortsetzen. Vielleicht gelingt es dann, mit den Augen Meyer-Vedens auf Detailsuche zu gehen.


Fotografien von Hans Meyer-Veden