Bier und Hamburg – eine Untrennbare Geschichte
Bereits im Jahr 1210 wurde das frische Wasser der Alster für die Herstellung des Grundnahrungsmittels des Mittelalters genutzt. Durch das Aufstauen des Flusses ab 1235 wurde der Alstersee zum Standort vieler Mühlen, die nicht nur Korn mahlten, sondern auch das für die Bierproduktion benötigte Malz schroteten.
Mit dem Verkauf des “flüssigen Brots” ließ sich gutes Geld verdienen. Dies wusssten auch die Schauenburger Grafen, die Stadtherren Hamburgs, und veranlassten das Aufstauen der Alster. Der wirtschaftliche Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Wenn Alt- und Neustadt um das Jahr 1200 zusammen etwa 1.000-1.300 Einwohner hatten, so waren es gegen Ende des Jahrhunderts bereits etwa 4.000-5.000 Einwohner.
Wahrscheinlich im Jahr 1233 begann damals die Produktion von Hopfenbier – „vorhero ist selbiges röthlich gewesen“. Dafür wurden die Getreideimporte durch eine zielgerichtete Zollpolitik gefördert. Das Braugewerbe diente nicht nur zur Eigenversorgung, sondern entwickelte sich zu einem der wichtigen Exportgewerbe der Stadt.
Das “Brauhaus der Hanse”
Um die Mitte des 15. Jahrhunderts wurden in Hamburg mehr als 500 Brauhäuser gezählt. das Hamburger Bier entwickelte sich zu einem der wichtigsten Exportgüter der Stadt und wurde insbesondere in die Niederlande, aber auch nach Frankreich, England, Jütland und Island verschifft.
Nirgendwo sonst wurden zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert solche Mengen Bier produziert wie in Hamburg. Zu den Spitzenzeiten im 14. Jahrhundert stellten die Hamburger Brauer jedes Jahr 574.000 Hektoliter Bier her. Galt Lübeck im Mittelalter als das “Kaufhaus” und Köln als das “Weinhaus” der Hanse, so sprach man von Hamburg als dem “Brauhaus” der Hanse.
Der Verkauf des Bieres machte die Hamburger Brauer wohlhabend und einflussreich. Auf ihre Initiative gehen der Bau der Stadtwasserkunst, die Gründung der Börse und die erste Feuerversicherung zurück.
Das Ende des Biermonopols
Mit Auflösung der Hanse verloren auch die hiesigen Bierbrauer einen Teil ihres Marktes, indem zahlreiche Länder dem lange bestehenden Hamburger Importmonopol durch die Gründung eigener Brauereien sowie durch die Erhebung von Einfuhrzöllen entgegenwirkten.
Parallel dazu kam es im 17. Jahrhundert zu einem völligen Wandel der Trinkgewohnheiten. Die Konsumenten hatten nämlich an neuen Getränken ihr Pläsier gefunden: Kaffee, Tee und Schokolade erfreuten die betuchteren Kreise. Kaffee und Tee wurden die neuen „It-Getränke“ der Stadt und 1668 eröffnete das erste Kaffeehaus Europas nördlich der Alpen in Hamburg. Und der gemeine Mann? Er sprach nun verstärkt dem Branntwein zu, der viel schneller – und billiger! – berauschte als das Bier. In der Folgezeit kam es zu einem enormen Funktions- und Strukturwandel.
Neuer Aufschwung im 19. Jahrhundert
Vom Mittelalter zur Moderne: Die Entwicklung der Hamburger Brauhäuser
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden die mittelalterlichen Brauhäuser in Hamburg durch die “Aktienbrauereien” abgelöst. Dazu trugen technologische Innovationen (Thermometer, Aräometer, Kältemaschine) bei, die es möglich machten, das Bierbrauen in einem industriellen Maßstab durchzuführen und zugleich eine gleichbleibend hohe Qualität erzeugen. Die Bierproduktion erlebte erneut einen enormen Aufschwung.
Obwohl heute der Kaffee das Bier von seinem Spitzenplatz beim durchschnittlichen Getränkekonsum verdrängt hat, stellt auch heute noch das Bier einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor dar – insbesondere durch die wachsende Craft Bier-Produktion.
Die Ausstellung zeigt anhand von historischen Raritäten, Modellen sowie spannenden inszenatorischen Elementen die Entwicklung des Bierbrauens in Hamburg von den ersten Hopfenfunden in der Hammaburg bis zur wachsenden Craft-Beer-Szene der Gegenwart.
Illustrationen aus dem Ständebuch (1568)
Der Bierbreuwer
Der Blick in die Brauerei zeigt den Bierbrauer und die wichtigsten Stufen der Bierherstellung. Das Mälzen (der Boden ist durch eine Leiter zu erreichen), das Kochen der Maische (im Hintergrund der Braukessel), das Läutern im Läuterbottich, das Gären im Gärbottich (im Mittelgrund) sowie das Befüllen der Fässer im Vordergrund. Halb links vorn ist eine geböttcherte Bierkanne zu sehen, die als Symbol für das trinkfertige Bier steht.
“Eygentliche Beschreibung Aller Stände auff Erden, Hoher vnd Nidriger, Geistlicher vnd Weltlicher, Aller Künsten, Handwercken vnd Händeln, [et]c. vom grösten biß zum kleinesten, Auch von jrem Vrsprung, Erfindung vnd gebreuchen. Durch den weitberümpten Hans Sachsen Gantz fleissig beschrieben, vnd in Teutsche Reimen gefasset … auch mit künstreichen Figuren, deren gleichen zuvor niemands gesehen, allen Ständen so in diesem Buch begriffen, zu ehren vnd wolgefallen…” (Franckfurt am Mayn 1568).
Der Büttner
Der Fassbinder, auch Böttcher oder Büttner genannt, war in seiner Zunft gemeinsam mit den Bierbrauern organisiert. Neben dem Brauwesen besaß die Böttcherei als wichtigstes Gewerbe für Transportbehälter große Bedeutung. Tonnen und Fässer bildeten die Container der damaligen Zeit. Schon im Mittelalter setzen sich bestimmte Normierungen durch. Zudem waren die Fässer der unterschiedlichen Brauer markiert und garantierten damit die Frische und Qualität des Inhalts.
Um die Mitte des 14. Jahrhunderts werden in Hamburg nahezu 450 Brauhäuser gezählt, im Jahr 1540 sind es bereits 527. Die vor den Toren der Stadt gelegenen Marschengebiete dienten dabei als Rohstofflieferanten für Gerste und Hopfen. Ein Drittel der Kapazitäten hiesiger Mahl- bzw. Kornmühlen blieb den Bierbrauern vorbehalten. In enger Verbindung mit der Qualität des Bieres standen die Wasserqualität sowie die entsprechende Wasserversorgung.