Fotos und Bildpostkarten aus Südamerika im Deutschen Reich, ca. 1880-1930
Erforschung der Motive aus Südamerika der Bildpostkartensammlung des Altonaer Museums
Das Wissen von Europäern um Südamerika ist seit der frühen Neuzeit, als der Kontinent Ziel der europäischen Expansion wurde, durch Bilder vermittelt worden. Diese Bildüberlieferung erhielt im 19. Jahrhundert vor allem durch die Einführung der Fotografie neue Impulse. Fotos und ab den 1890er Jahren Bildpostkarten aus Südamerika zeigten den Menschen im Kaiserreich und in der Weimarer Republik ein ambivalentes Bild des fremden Kontinents, das mit bestehenden Vorstellungen und Projektionen zusammenwirkte, aber auch mit diesen konkurrierte. Die Ambivalenz des Südamerikabildes wird deutlich in den Motiven, denn die Bildmedien zeigten einerseits Eisenbahnen und Bahnhöfe, Stadtansichten, Parlamente, Regierungspaläste, Banken und andere (öffentliche) Gebäude, Häfen, Zoos und Fabriken. Ein ganz anderes Bild zeichneten dagegen Ansichten von Indigenen und Ruinen. Auf den ersten Blick scheinen die Quellen so insgesamt eine bekannte Dichotomie aus Tradition und Moderne, aus Barbarei und Zivilisation zu zeigen. Aber die genauere Untersuchung des Bildes ergibt, dass es nicht dichotomisch war, sondern dass es zwischen den Extremen einen breiten Zwischenraum gab, in dem sich hybride Bedeutungen bildeten, deren Sinn je nach Nutzungszusammenhängen oszillierte.
Die Bildpostkartensammlung des Altonaer Museums – eine der größten in Deutschland – ist von zentraler Bedeutung für das Projekt. Unter den knapp 2 Millionen Bildpostkarten gibt es mehr als 1.500 Motive aus Südamerika, die im Zuge des Projektes digitalisiert wurden. Mehrere Hundert Bildpostkarten stammen aus dem für das Projekt relevanten Zeitraum. Da es sich nicht um eine „wissenschaftliche“ Sammlung handelt (in solchen dominieren häufig ethnografische und anthropologische Motive), stellen die Bildpostkarten aus der Sammlung des Altonaer Museums einen Querschnitt der zeitgenössisch verbreiteten Motive dar. Diese Diversität der Bilder ist die große Stärke der Sammlung. Sie bewahrt nicht nur die Bildmedien selbst, sondern auch das durch sie vermittelte populäre Wissen um die Welt.
“Ambivalente Bilder: Fotos und Bildpostkarten aus Südamerika im Deutschen Reich, ca. 1880-1930” ist ein DFG gefördertes Projekt, das von Dr. Hinnerk Onken, Universität zu Köln, bearbeitet wird.