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Preisträger 2024 Peter Bruns und Claas Möller

Der Georg Koppmann Preis für Hamburger Stadtfotografie geht in diesem Jahr an das Gemeinschaftsprojekt „Hamburger Flachbauten“ von Peter Bruns und Claas Möller. Die Fotografen widmen sich darin mit dokumentarischem Blick einer Besonderheit des Hamburger Stadtbilds – den in der Nachkriegszeit entstandenen eingeschossigen Gebäuden.

Hamburger flachbauten

Von Sebastian Lux, Stiftung F.C. Gundlach

Ist man einmal auf sie aufmerksam geworden, sieht man sie plötzlich überall: Flachbauten an Straßenecken und in Häuserzeilen, eingebettet zwischen vier- und fünfgeschossige Blockrandbebauung. Sie gehören fest in unseren Lebensalltag, wurden aber nie als architektonische Besonderheit wahrgenommen: Der schnelle Frisör um die Ecke, die Kneipe mit dem guten Billardtisch, das Taschengeschäft, in dem die Kinder ihre ersten Schulranzen aussuchen durften, der American Diner mit den leckeren Pommes, die Spielhalle, in die man noch nie einen Menschen hat gehen sehen – sie alle führen ihre Geschäfte auffällig unauffällig in schlichten, ein- und zweigeschossigen Funktionsbauten.

Mit ihrer Werkserie „Hamburger Flachbauten“ haben Claas Möller und Peter Bruns uns die Augen für dieses städtebauliche Phänomen geöffnet und einen verschwindenden Bauwerkstypus ins Bild gesetzt. Im ganzen Stadtgebiet haben sie sie gefunden und fotografiert, ihre Perspektive dabei entweder frontal auf die Fassade gerichtet oder leicht diagonal in die Bildtiefe gestaffelt. Fast kann man die Aufnahmen als Charakterporträts beschreiben, als einfühlsame Bildnisse, die aus einem Dialog zwischen den Fotografen und ihrem Gegenüber entstanden ist. Jedes der Gebäude wird in seiner Individualität dargestellt, seine Nutzung wird anhand von Ladenbeschilderung und Schaufensterdekoration deutlich, seine Integration in den Stadtraum durch den alltäglichen Betrieb auf der Straße und die gelegentlichen Passanten angedeutet. Vor allem der Anschluss des porträtierten Bauwerks an die Bauten rechts und links wird durch Blickwinkel und Bildausschnitt hervorgehoben, die kahlen Brandmauern der höheren Nachbargebäude beispielsweise spielen in vielen Motiven eine zentrale Rolle für die Bildgestaltung.

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Flachbau zwischen höheren Häusern an einer Straßenkreuzung.
Lange Reihe | Spadenteich, St. Georg
Ein kleiner Flachbau zwischen zwei Gebäuden auf der Reeperbahn.
Reeperbahn, St. Pauli
Flachbau an einer Ecke einer mehrspurigen großen Kreuzung. Einige Radfahrer fahren über die Kreuzung.
Schulweg | Osterstraße, Eimsbüttel
Ein Radfahrer fährt über einen Gehweg vor einem Flachbau entlang.
Hospitalstraße, Altona–Altstadt
Zwei Flachbauten an einer Straßenkurve, an dem Eckhaus stehen vier Mülltonnen davor. Neben den Flachbauten befinden Wohnhäuser mit bis zu drei Etagen.
Gladowstraße, Wandsbek
Breiter Flachbau mit einem Baustellenschild davor rechts und links davon befinden sich Mietshäuser mit mehreren Etagen.
Friedrichstraße, St. Pauli
Ein Flachbau mit vielen schmalen Fenster, davor befindet sich ein Baucontainer. Rechts neben dem Flachbau steht ein Altbau mit fünf Etagen.
Seilerstraße, St. Pauli
Flachbau an einer Kurve mit breitem Fußweg davor. Rechts und links davon befinden sich hohe Mietshäuser.
Ifflandstraße, Hohenfelde
Rosafarbener Flachbau an einer Straßenecke, eine Seite ist mit Graffies besprüht. Daneben befinden sich Wohnhäuser mit zwei bis drei Etagen.
Holzmühlenstraße | Auf dem Königslande, Wandsbek
Flachbau an einer Straßenecke. Eine Straßenseite ist mehrspurig. Nebendem Flachbau befinden sich zwei hohe Wohnhäuser.
Herderstraße | Mozartstraße, Barmbek–Süd
Kleiner besprühter Flachbau zwischen einer Häuserreihe mit bis zu 5 Etagen.
Paulinenplatz, St. Pauli
Flachbau zwischen zwischen höheren Gebäuden.
Neuer Pferdemarkt, St. Pauli
Zwei unterschiedlich hohe Flachbauten an einer Straßenkreuzung, daneben befinden sich höhere Wohnhäuser.
Gärtnerstraße | Unnastraße, Eimsbüttel
Flachbau an einer großen Straßenkreuzung, das hintere Nachbarhaus ist eingerüstet, links an dem hohen Nachbarhaus hängt ein Werbeplakat. An der Ampel überqueren im Vordergrund Fußgänger die Ampel.
Steindamm | Stralsunder Straße, St. Georg
Flachbau zwischen zwei Wohnhäusern an einer Straße.
Wilstorfer Straße, Harburg
Ein kleiner Flachbau an einer Straße, recht davon befindet sich ein viergeschossiges weißes renoviertes altes Gebäude mit Fenstern die oben rund sind. Links vom Flachbau steht ein neuerer fünfgeschossiger Bau mit brauner Klinkerfassade.
Jungfernstieg | Gänsemarkt, Neustadt
Ein Mann steht vor einem Flachbau, der sich an einer Straßenecke befindet.
Reeperbahn | Detlev-Bremer-Straße, St. Pauli
Ein Flachbau befindet sich zwischen mehrgeschossigen Häusern an einer Straßenecke. Zwei Zebrastreifen führen an beiden Straßen zum Flachbau hin. Ein Mitarbeiter der Post überquert mit dem Rad den Zebrastreifen. Eine ältere Dame bückt sich und hebt etwas auf der Straße auf.
Bahrenfelder Straße | Kleine Rainstraße, Ottensen
Im Bildhintergrund befindet sich ein Flachbau, im Vordergrund ist ein Kreisverkehr, ein rotes Cabriolet fährt durch den Kreisverkehr, ein weiteres dunkelgraues Auto biegt in den Kreisverkehr ein.
Arie–Goral–Platz, Rotherbaum
Ein Flachbau an einer Straßenecke, zur linken Seite befindet sich ein dreigeschossiges Gebäude. An der hohen fensterlosen Fassade befindet sich eine große Eiswerbung. An der anderen Seite des Flachbaus führt eine Eisenbahnbrücke entlang, eine graue Lokomotive fährt über die Brücke.
Schulterblatt | Eifflerstraße, Sternschanze
Hellkamp | Clasingstraße, Eimsbüttel
Bahrenfelder Straße, Ottensen
Flachbau mit abgedecktem Dach, links das Gebäude davon ist eingerüstet, rechts daneben befindet sich ein Grünstreifen. Vor dem Flachbau parken zwei Autos, aus einem Auto steigt eine Person aus.
Kalischerstraße, Harburg
Flachbau zwischen zwei mehrstöckigen Wohnhäusern.
Kottwitzstraße, Hoheluft–West
Flachbau an einer Straßenkreuzung, zu beiden Seiten dreigeschossige Wohnhäuser.
Bismarckstraße | Hoheluftchaussee, Hoheluft–West
Ein blauer Flachbau an einer Straßenecke. Rechts daneben beinfdet sich ein hohes Backsteingebäude, auf der Rückseite befindet sich eine Einfahrt zum Hinterhof.
Banksstraße, Hammerbrook
Flachbau an einer Straßenecke, auf dem Dach steht ein großes Schild mit der Aufschrift "Zum Silbersack".
Silbersackstraße | Querstraße, St. Pauli
Flachbauten zwischen hohen Wohnhäusern, vor den Flachbauten fährt eine Müllabfuhr entlang.
Hans–Albers–Platz, St. Pauli
Flachbau an einer Straßenkreuzung mit blauer Markise, worunter sich Sitzgelegenheiten befinden. Neben dem Flachbau befinden sich mehgeschossige Wohnhäuser. An einer Hausfassade (ohne Fenster) befindet sich ein großes Mural.
Ditmar–Koel–Straße | Reimarusstraße, Neustadt
Der blau angestrichene Flachbau hat über der Tür den Schriftzug prinzenbar. Vor der Tür gehen zwei Spaziergänger entlang. Direkt angrenzend befinden sich zwei hohe Wohnhäuser.
Kastanienallee, St. Pauli
Flachbauen an einer Straße, direkt dahinter befindet sich der Musikbunter.
Sievekingdamm, Hamm
Flachbau mit einer ersten Etage, links daneben befindet sich ein dreigeschossiges Wohnhaus.
Billstedter Hauptstraße, Billstedt
Ein kleiner Flachbau der von zwei angrenzenden Seiten komplett umbaut ist, die angrenzenden Häuser sind deutlich höher und besitzen sieben Etagen.
Niedernstraße | Depenau, Altstadt
Ein dunkler Flachbau mit dem Schiftzug "Logo" über der Tür grenzt an hohe Häuser. Vor der Tür stehen Personen.
Niedernstraße | Depenau, Altstadt

Die Fotografen:

Das Fotografen-Duo Peter Bruns und Claas Möller, Foto: privat

Peter Bruns und Claas Möller: „Rasant verschwinden die skurrilen und oft trotzig wirkenden Flachbauten aus dem Stadtbild. Diesen für uns optisch reizvollen „Zahnlücken“ wollen wir ein fotografisches Denkmal setzen. Wir freuen uns auf die architektonische Entdeckungsreise quer durch die Stadt.“

Peter Bruns ist neben seiner Arbeit als freier Fotograf seit 1996 als Tischlermeister am Thalia Theater tätig.

Claas Möller ist Diplom-Designer und arbeitete als Grafiker im Steidl-Verlag in Göttingen. Seit 2008 ist er als Buchgestalter und freischaffender Fotograf tätig.

Beide Preisträger sind Mitglieder der Fotografengruppe „LANDMARKer“ und des Berufsverbandes „Freelens“.


DIE JURY:

Karen Pein, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen: „Die Fotografen Peter Bruns und Claas Möller rücken mit ihrem Projekt über Hamburger Flachbauten einen Typus Architektur in den Fokus, der beispielhaft für die Phase des Wiederaufbaus steht. Über mehrere Jahrzehnte haben diese Gebäude als ‚Brüche‘ im Hamburger Stadtbild überdauert, obwohl sie nach der reinen Lehre einer Stadtreparatur gestalterisch weichen müssten. Mit Blick fürs Detail und außergewöhnlicher dokumentarischer Handschrift halten die beiden Preisträger diese ‚Zahnlücken‘ des Städtebaus fotografisch fest und stellen die Frage nach dem Umgang mit dem Bestand in Hamburg als einer sich stetig wandelnden Metropole. Ich gratuliere den beiden Preisträgern herzlich zum Georg Koppmann Preis 2024 und freue mich auf die Ergebnisse ihrer Arbeit.“

Prof. Dr. Hans-Jörg Czech, Vorstand und Direktor der SHMH: „Beim typischen Hamburger Stadtbild denken wir oft zunächst an die Backstein-Architektur Fritz Schumachers, an elegante Gründerzeithäuser oder an moderne Hotel- und Geschäftsgebäude. Doch bei genauerem Hinschauen fallen einem in fast allen Stadtteilen eingeschossige Gebäude auf, mit denen im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg Baulücken geschlossen wurden. Diese Flachbauten wirken häufig wie Fremdkörper, zeugen aber von einem signifikanten Kapitel der Hamburger Stadtgeschichte. Peter Bruns und Claas Möller verfolgen mit ihrem Gemeinschaftsprojekt den spannenden Ansatz, diese besonderen Provisorien auf fotografisch-künstlerische Weise ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Auf die Ergebnisse des Projekts, das ganz im Sinne unseres Georg Koppmann Preises ist, bin ich sehr gespannt.“