Meta Baur, geborene Meyer, lebte von 1866 bis 1928. Sie war eine Großbürgerin und Künstlerin aus Hamburg. Die Memoiren von Meta Baur geben tiefe Einblicke in die Familiengeschichte Meyer. Es handelt sich dabei um ihre Erinnerungen an die Kindheit und Jugend in Othmarschen.
Im Altonaer Museum befindet sich das Foto- und Schriftgut der Familie Baur/Meyer (Lorenz-Meyer). Pascale Richter und Alexander Timm haben sich der Transkription der Bände von Meta Baur angenommen. Hinzu kommen zahlreiche Fotos der Familien und Werke von Meta Baur.
Von Pascale B. Richter und Alexander Timm
Die gesamte Transkription
Porträt einer Altonaer Großbürgerin und Künstlerlin
Meta Baur wird am 21. November 1866 als jüngste Tochter des Hamburger Kaufmanns und Kunstsammlers Arnold Otto Meyer (Behn, Meyer & Co.) und dessen Frau Luise Caroline geboren.
Der Kunstsinn ihres Vaters und dessen umfangreiche Kunstsammlung machen schon in jungen Jahren einen tiefen Eindruck auf Meta. „Sein Schönheits-Sinn war so sehr ausgesprochen, dass wir als Kinder nie ein hässliches Bild sahen, oder ein unschönes Wort hörten. Bilderbücher, wie der Struwelpeter oder andere Carikaturen waren streng verboten.“ Auch der früh vermittelte lutherische Glaube begleitet sie ihr Leben lang.
An ihre Mutter Luise Caroline, geborene Ferber, erinnert sich Meta als „die verkörperte Liebe und Selbstlosigkeit […], die die Strenge des Vaters stets zu mildern suchte.“
Als Kind fühlt Meta sich häufig einsam und als Anhängsel ihrer deutlich älteren vier Geschwister: „Und an solchem Viergespann, sass ich als fünftes Rad, – ein kleines zartes, blasses, dünnes Kind mit einem spitzen Gesicht und grossen Augen, ein einsames Anhängsel.“
Meta genießt gemeinsam mit den Töchtern anderer namhafter Hamburger Familien Privatunterricht. Die engsten Verbindungen hat sie zu den Familien Oswald, Ruperti, Sieveking und Woermann.
„Wer nur einigermaaßen in Hamburg‘s Familien-Geschichte bewandert ist, der weiss, was diese Namen besagen. Von gutem alten hamburger Schlage waren die Häuser, u. streng und ernst der Geist, der in ihnen herrschte. In diesen Häusern ging ich fast täglich ein und aus bis zu meiner Verlobung.“
1880 – im Alter von 13 Jahren – unternimmt Meta mit ihren Eltern eine längere Italienreise, die sie u.a. nach Florenz führt. Dort lernt sie, unter Anleitung ihres Vaters, bedeutende Kunstschätze Italiens kennen.
Zwischen 1881 und 1882 wohnt Christian Morgenstern, das Patenkind von Arnold Otto Meyer, bei der Familie Meyer in Othmarschen.
„Es mochte um die Osterzeit sein, da zog Christian Morgenstern bei uns ein, ein schmächtiger, etwas gezierter Junge. […] Dumm war er nicht, z.B. machte er gute Aufsätze, u. eines Tages machten wir die Entdeckung, dass er auch dichten konnte. „Christian wird noch einmal ein Dichter!“ so sagten wir damals. So ist es gekommen.“
Familie Meyer
Meta hat über die Sammeltätigkeit ihres Vaters viele Kontakte zu zeitgenössischen Künstlern. Sie macht unter anderem Bekanntschaft mit dem jungen Thomas Herbst, Carl sowie Johannes Gehrts und sie erhält selbst Zeichenunterricht.
„Der Sommer kam. Die Zeichenstunden […] wurden im Freien fortgesetzt. Einige junge Mädchen aus der Nachbarschaft […] hatten sich dazu gefunden. Die Mal-Tage gehörten zu den schönsten des Sommers, die Umgegend war ja so reich an reizenden Motiven. Proviant wurde mitgenommen, u. dann wanderte die kleine Künstler-Schaar oft weit auf die Dörfer hinaus, u. kehrten erst nach vielen Stunden heim.“
Fotos aus dem Familienalbum
Ehe mit Alexander Baur
Im Sommer 1886 lernt Meta bei einem Ball den Altonaer Gerichtsassessor Sigismund Alexander Baur (Enkel des Begründers des Baurs Park in Blankenese) kennen. Sie treffen sich auf mehreren Abendgesellschaften wieder und nach einem Jahr hält Alexander um Metas Hand an.
Meta und Alexander Baur heiraten am 12. Januar 1888. Alexander ist derweil als Senator von Altona im Finanzwesen tätig. Ihre Hochzeitsreise führt die beiden durch Südfrankreich, Italien und die Schweiz.
Mit dem Eintritt in den Baur‘schen Familienkreis beginnt Metas Mitarbeit in der ersten Warteschule der Baur‘schen Stiftung. Die Einrichtung ähnelt einem Kindergarten. Gemeinsam mit ihrer Schwägerin Hedwig Baur engagiert sie sich ab 1891 in deren Frauenverein, dessen Vorsitz sie ab 1895 übernimmt.
Das Leben mit Alexander Baur
1891 ziehen Meta und Alexander in das Haus Palmaille 75 in Altona. Am 10. September 1894 wird ihr Sohn Johann Heinrich (Heinz) Baur geboren. 1898 schreibt Meta: „Unser Junge gedeiht prächtig. Wir haben unsägliche Freude an dem kleinen Menschen. Möge Gott ihn uns erhalten, unser Einziges!“
Im Jahr 1905 wird Alexander Baur zum Oberbürgermeister von Altona gewählt. Aufgrund eines Herzleidens kann er das Amt jedoch nicht antreten.
Meta und Alexander unternehmen viele Reisen ins In- und Ausland, die von Meta mit zahlreichen Zeichnungen und Aquarellen dokumentiert werden. Ihre letzte gemeinsame Reise führt Meta und Alexander im Jahr 1908 nach Schloss Wilhelmshöhe bei Kassel.
Am 5. Februar 1909 verstirbt Alexander nach einer längeren Krankheitsphase an seinem Herzleiden. Für Meta folgt eine lange Phase tiefer Trauer.
Wendepunkt
Der Verlust ihres Ehemanns sowie die sich wandelnden politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse, markieren einen Wendepunkt in Metas Leben.
Mit Beginn des 1. Weltkriegs ist Meta zusehends um ihren Sohn Johann Heinrich besorgt. Ihr christlicher Glauben bietet ihr einen großen Halt.
„Der Krieg steht vor der Tür! Das Entsetzliche wird wahr, vor dem uns vor einer Woche schon bangte. Russland will den Krieg u. stellt sich auf die Seite der Serben, beschönigt den Königsmord in Sarajevo! Johann Heinrich ist aus Freiburg zurück gekehrt, da er sich sofort zu den Waffen melden muss.“
Johann Heinrich ist ab 1914 für einige Zeit in Lüneburg stationiert, wo Meta ihn häufig besucht. Später führt ihn der Krieg nach Russland.
Im Jahr 1917 bekommt Meta für ihr Engagement in der Krankenpflege die Rote Kreuzmedaille zweiter Klasse verliehen.
Die Ehe mit Tileman von Wiarda
Gegen Ende des Ersten Weltkriegs, am 7. August 1918, heiratet sie im Alter von 51 Jahren den ebenfalls verwitweten Altonaer Gerichtspräsidenten Tileman von Wiarda. Sie notiert zu dieser Zeit:
„Im Kriege beginnen wir nun ein neues Leben, – möge Gott der Herr es segnen!“
„6. November [1918]. Wie drängen sich die Ereignisse! Man redet von der Abdankung des Kaisers, von der Herrschaft des Socialismus! Am Montag – Dienstag Unruhen in Kiel, Rebellion der Matrosen, – und am Mittwoch zieht schon die Rote Garde in Altona ein.“
Auch in den folgenden Monaten erlebt Meta die Unruhen in Altona mit.
„1. Juli 1919. […] Nun steht vor unserm Hause in der Palmaille eine grosse Kanone, und in unserm Hause II Stock ist ein Maschinen-Gewehr aufgebaut, u. glotzt zum Fenster heraus. 7 Mann hausen in dem kleinen Zimmer, wo sonst die 2 Mädchen schliefen. Alles spielte sich zwischen 7 u. 8 heute Morgen ab. Nun sind die Leute verteilt auf die verschiedenen Stadtteile u. wir haben Ruhe u. Schutz vor der wilden Bande.“
Die lokalen Auswirkungen der Novemberrevolution 1918/19 in Altona, die finanzielle Unsicherheit durch die Inflation und die immer lauter werdenden Stimmen der Sozialdemokratie rufen bei Meta große Unsicherheit sowie Ablehnung hervor. Sie sehnt sich nach den vertrauten Strukturen des Kaiserreichs zurück.
„1921. Politisch ist alles grau in grau! Armes Deutschland, wie schlecht bist du beraten! Wir Alten sehen recht besorgt in die Zukunft, – die Jugend denkt anders u. das ist gut; denn die Jungen sollen mit bauen und arbeiten, damit eine bessere Zeit kommt!“
1920 berichtet Meta, dass ihre Familie gezwungen ist, ihr geliebtes Elternhaus in Othmarschen zu veräußern und 1922 muss Familie Baur einen großen Teil ihrer Immobilien und Grundstücke verkaufen.
Im Juni 1922 kehrt Johann Heinrich (Heinz) von seinem Jurastudium zurück und verlobt sich mit Hilde Sieveking. Am 29. April 1924 wird Alexander Baur als erster von drei Enkeln geboren.
„1923 […] Es ist oft schwer, sich so Manches zu versagen, aber – nicht klagen, mein Reichtum besteht jetzt in so vielen lieben Menschen-Seelen, dass ich wahrlich einen guten Tausch gemacht habe. Äusseren Reichtum habe ich dem Kriege geopfert, wie so Viele andere auch.“
Memoiren von Meta Baur
Meta Baur verstirbt am 10. Oktober 1928 im Alter von 61 Jahren.