Mit „selbstbewusstem Blick rückwärtsweisend zugleich nach vorwärts“ schauen – genau darin sah Fritz Schumacher seinen Auftrag als Architekt für das Museum für Hamburgische Geschichte. Hamburgs damaliger Oberbaudirektor sowie Gründungsdirektor Otto Lauffer betrachteten bereits vor 100 Jahren das Museum gleichzeitig als Spiegel der Vergangenheit und Wegweiser in die Zukunft. Heutzutage versteht sich das Haus wie viele andere Museen auch als Seismograph gesellschaftlicher Entwicklungen, die es fortzuschreiben gilt. 1908 gegründet und 1922 eröffnet, zählt das Museum für Hamburgische Geschichte (MHG) derzeit mit über einer halben Million Sammlungsobjekten zu den größten stadthistorischen Museen in ganz Deutschland.
Seit 1976 steht das Haus unter Denkmalschutz. Besonderheiten stellen die historischen Zeugnisse der Bau- und Wohnkultur Hamburgs dar, die als sog. Spolien im und am Haus verbaut worden sind. Die meist aus dem 17. und 18. Jh. stammenden Bauteile wurden nach dem Großen Hamburger Brand 1842 aus den Ruinen geborgen und in Erinnerung an die verlorenen Baudenkmäler in das Museum integriert – in dieser Dimension einmalig in der deutschen Kulturlandschaft.
Seit 2008 gehört das MHG zur Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH), eine der größten stadt- und regionalgeschichtlichen musealen Einrichtungen Europas. Als Teil der SHMH übernimmt das MHG einen aktiven Part in der Stadtgesellschaft und setzt sich gemeinsam mit seinen Schwesternhäusern für eine offene, demokratische Gesellschaft ein.
Das MHG dokumentiert die Geschichte der Hansestadt von der Stadtgründung bis zur Gegenwart. Die in weit mehr als einem Jahrhundert gewachsenen Sammlungen des Museums umfassen kulturgeschichtliche Objekte, Gemälde, Grafiken, Modelle, Möbel, Textilien und Münzen. Wirtschafts-, Technik-, und Sozialgeschichte, Kolonialgeschichte und Migrationsgeschichte, Bauen und Wohnen, Theater, Mode sowie nicht zuletzt das Jüdische Leben in Hamburg stellen wichtige Themen- und Sammlungsgebiete des Museums dar.
Das MHG ist jedoch weit mehr als ein Bildungsort. Durch seine einzigartige Lage in den Wallanlagen, den überdachten Innenhof und den großen Saal dient es auch der Erholung, Entspannung und nicht zuletzt dem Vergnügen – und damit reiht es sich ein in eine Reihe benachbarter und berühmter Kulturbauten mitten in Hamburg, die weithin ausstrahlen.
Unsere wichtigste Aufgabe besteht darin, Besucher*innen, Einheimischen wie Gästen, eine zeitgemäße Orientierung in der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Hansestadt in ihren regionalen, nationalen wie internationalen Bezügen zu bieten. Wir wollen zudem Menschen für Geschichte begeistern. Dafür möchten und müssen wir einen ebenso angemessenen wie angenehmen Rahmen schaffen. Unser Museum steht dabei vor großen Herausforderungen und wichtigen Veränderungen. Es wird für die Zukunft fit gemacht, um den wachsenden Anforderungen standhalten zu können
Schon vor knapp 200 Jahren bemühten sich Bewohner der Stadt, wertvolle Zeugnisse ihrer Geschichte für die Zukunft zu sichern. So wurde der 1839 gegründete Verein für Hamburgische Geschichte zur Keimzelle einer Sammlung, in der man architektonische Details von wertvollen Häusern, die beim Großen Brand von 1842 zerstört oder in späterer Zeit abgerissen wurden, ebenso aufbewahrte wie Bilder und Kunstwerke, Dokumente und auch Alltagsgegenstände. Ziel des Vereins war es vor allem, ein Bewusstsein für die Hamburgische Geschichte in der Bevölkerung der Hansestadt zu entwickeln. Seit 1849 wurden diese Bestände als halbstaatliche Sammlung Hamburgischer Altertümer der Öffentlichkeit provisorisch in den Kellerräumen des Akademischen Gymnasiums gezeigt und avancierten 1900 zur meistbesuchten Sammlung der Hamburger Museen. Diese bis dahin ehrenamtlich geleitete Einrichtung erhielt 1908, nun als Museum für Hamburgische Geschichte, mit Otto Lauffer erstmals einen Fachmann als Direktor.
Auf einem unweit des Millerntors in den ehemaligen Wallanlagen gelegenen Areal errichtete Hamburgs Oberbaudirektor Fritz Schumacher schließlich von 1914 bis 1922 eines der großartigsten Museumsgebäude des frühen 20. Jahrhunderts. Es entstand an der Stelle der ehemaligen Bastion Henricus, einem Teil der barocken Befestigungsanlage, die zwischen 1616 und 1625 durch den Holländer Jan van Valckenborgh errichtet worden war und die Stadt uneinnehmbar machte.
Da Schumacher Details historischer Bauwerke in dieses Tageslichtmuseum integrierte, ist allein schon das Gebäude selbst ein Denkmal der Hamburgischen Geschichte. Die Fassaden wurden beim Bau mit geretteten Architekturfragmenten von Hamburger Bürgerhäusern und mit den Statuen deutscher Kaiser vom Alten Hamburger Rathaus geschmückt. Ebenso wurden im Innenhof und in den Ausstellungsräumen Bauteile von Gebäuden verbaut, die beim Großen Brand von 1842 oder bei Bauvorhaben, wie dem Bau der Speicherstadt, zerstört worden waren. Das prächtige ehemalige Südportal der Hauptkirche St. Petri konnte in den großen Innenhof versetzt werden, der von einer gewaltigen Glasdachkonstruktion überspannt wird.
Die Sammlung wurde über die Jahrzehnte kontinuierlich ergänzt und in ihrer Präsentation überarbeitet.