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Max Weiss Künstler und Lebenskünstler aus Ottensen

von Leonor Rasch und Pascale B. Richter

Elbe mit zahlreichen kleinen Dampfbooten mit Blick auf einen höhen Turm.
Kehrwiederspitze mit Kaiserspeicher und Dampfschlepper im Vordergrund (2003-47,144)

Max Weiss war ein jüdischer Künstler aus Hamburg Ottensen und Zeitzeuge beider Weltkriege. Während des Nationalsozialismus zunächst entrechtet und später nach Theresienstadt deportiert, verarbeitete er seine traumatischen Erfahrungen auch künstlerisch. Der Großteil seines Werks besteht jedoch aus Landschafts- und Stadtansichten, von denen viele das Gesicht Hamburgs vor den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs dokumentieren. Das Altonaer Museum verfügt seit 2003 über ein rund 250 Objekte umfassendes Konvolut an Grafiken und Dokumenten, die einen guten Einblick in das Leben und Werk des Künstlers geben. Es stammt ursprünglich aus dem Besitz seiner Tochter Elisabeth Weiss, die das Konvolut Ebba Maria Steinmetz, einer befreundeten Bibliothekarin, hinterließ.

Bislang ist Max Weiss in der Fachliteratur kaum in Erscheinung getreten. Einzig die Kunsthistorikerin Maike Bruhns hat sich in ihrem 2001 erschienen Werk „Kunst in der Krise. Künstlerlexikon Hamburg 1933–1945“ eingehend mit der Biografie und der Kunst von Weiss befasst. Dabei liegt ihr Forschungsschwerpunkt auf der politisch-gesellschaftlichen Entwicklung während des Nationalsozialismus und den Auswirkungen dieser Zeit auf die Kunst und Kunstschaffenden.

Portrait von Max Weiss, der in einem Anzug gekleidet in die Ferne schaut
Max Weiß Portraitfoto (2003-47,206)

Biografie

Lithografie des Firmensignets der Porzellan & Steingut Fabrik B. Jordan, 1900 (2003-47,198,1)

Max Weiss (Weisz, Weiß) wurde am 2. Februar 1884 in Ottensen – Großen Brunnenstr. 87 – als Sohn jüdischer Eltern geboren. Sein Vater, Ignatz Weiss (1857 – 1923) kam aus Prag. Ursprünglich Klempnermeister von Beruf, war er auch als Blechspielzeugfabrikant tätig und hatte zeitweilig ein Geschäft für „Hausstandswaren“. Seine Mutter Henriette Weiss, geb. Goldschmidt (1860 – 1942) stammte aus Hamburg und war am Großneumarkt aufgewachsen. Beide Eltern gehörten der jüdischen Gemeinde an. Die Familie Weiss zog kurz nach der Geburt von Max Weiss in die Hamburger Neustadt. Es folgten zahlreiche Umzüge.

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Der Nachlass Max Weiss´ im Altonaer Museum

Hamburger Stadtansichten

Auch wenn der Hamburger Künstler Max Weiss ein facettenreiches Werk hinterlassen hat, so sind doch die grafischen Ansichten seiner Heimatstadt sein wichtigstes Erbe. Die Zeichnungen und Radierungen vermitteln einen lebendigen Eindruck des „Alten Hamburgs“ vor dem Teilabriss der Altstadt im Jahre 1936 und dem Bombenangriff von 1943 während des Zweiten Weltkriegs. Damit dokumentieren seine Stadtansichten einen historischen Moment, der heute vielfach verloren gegangen ist.

Obgleich im Konvolut des Altonaer Museums nur 22 Blätter mit Hamburger Stadtansichten existieren, ist davon auszugehen, dass Weiss genau damit maßgeblich seinen Lebensunterhalt bestritt. Zum einen waren die Radierungen reproduzierbar, zum anderen gab es eine rege Nachfrage nach historischen Stadtansichten. Auch heute werden seine „Hamburgensien“ gelegentlich von Galerien angeboten und immer wieder im Internet gehandelt.

Als Motiv wählt Weiss den Hamburger Hafen, die Binnen- und Außenalster sowie Gebäude der Hamburger Innenstadt. Außerdem hält er verschiedene Gassen und Straßenszenen aus dem Alten Hamburg fest.

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Weitere Stadtansichten

Max Weiss hat neben seine Heimatstadt Hamburg auch andere Städte dokumentiert. So liegen beispielsweise Arbeiten aus Lübeck, Rothenburg ob der Tauber, Heidelberg, Goslar und Cuxhaven vor. Anders als in Hamburg sind diese Stadtansichten nur äußerst selten als Radierung angelegt, was dafür spricht, dass Weiss hier nicht unmittelbar mit einer Vermarktung rechnete.

Häuser und Dörfer in der Natur – Landschaftsdarstellungen

Neben den Stadtansichten widmete sich der Künstler immer wieder auch dem ländlichen Raum. Es ist offenkundig, dass Max Weiss viel Zeit in der Natur verbracht haben muss. Seine Arbeiten sind hinsichtlich der Motivwahl – von Meeresküsten, Flach- und Hügelland bis hin zu Gebirgsregionen – durchaus abwechslungsreich. Parkähnliche Landschaften mit Flüssen oder kleinen Bachläufen sind ebenfalls ein beliebter Bildgegenstand.

60 Blätter unseres Konvoluts zeigen Häuser oder Dörfer, die in eine Naturlandschaft eingebunden sind. Dabei fällt die Motivwahl häufig auf Szenen aus dem Hamburger Umland bzw. aus dem Norddeutschen Raum. Leider lassen sich zahlreiche Bilder nicht näher verorten, sodass wir den Radius seines Schaffens nicht genau kennen. Aus den Alpen stammt der Blick auf ein Dorf mit Zwiebelkirchturm und Bergpanorama. Weitere Blätter sind immerhin mit „Kärnten“ oder „Südtirol“ betitelt und gehen möglicherweise auf seine Zeit im ersten Weltkrieg zurück, wo der Künstler nachweislich in diesen Regionen stationiert war.

Als Technik wählte Weiss in der Regel die Zeichentechnik bzw. das Aquarell. Anders als bei den Stadtansichten verlässt der Maler hier zuweilen seine streng dokumentarische Arbeitsweise und legt einige Werke mit leichtem, schnell ausgeführtem Pinselstich im impressionistischen Stil an.

Portraits und Menschendarstellungen

Max Weiss war auch ein sehr guter Porträtist. Unter den rund 30 Porträts im Bestand des Museums, finden sich meist Kinder- und Frauendarstellungen. Dabei handelt es sich in der Regel um Bleistiftzeichnungen und schnelle Skizzen. Es ist davon auszugehen, dass Weiss hier seine Familie zeichnete, ohne dass dies belegbar wäre. Überhaupt dürften diese Arbeiten rein privater Natur gewesen sein.

Das Ghetto Theresienstadt

Am 14. Februar 1945 wird Max Weiss im Alter von 61 Jahren aus Hamburg deportiert. Es ist der letzte Transport von Hannoverschen Bahnhof in Hamburg nach Theresienstadt. Mit ihm befinden sich vorwiegend jüdische Personen aus sog. „einfachen oder privilegierten Mischehen“ im Zug. Die Ehe mit Wilhelmine Weiss hatte ihn lange Zeit vor einer Deportation schützen können, wenngleich er nach seinem Berufsverbot und der mehrjährigen Zwangsarbeit die Reise bereits deutlich geschwächt antritt. Der Transport erreicht sein Ziel erst am 23. Februar 1945.

Im Ghetto Theresienstadt, einer Garnisonstadt mit Festungsbau aus dem 18. Jahrhundert, sind vor allem alte und kriegsversehrte Menschen inhaftiert, weshalb das Ghetto seinerzeit auch geringschätzig als Altersheim bezeichnet wird. Dazu kommt ein Personenkreis der als „Promiente“ ausgewiesen ist. Weiss erhält eine Stellung in der jüdischen Selbstverwaltung, was kleinere Vergünstigungen mit sich bringt. Aufgrund seiner Begabungen wird er dort auch als Porträtzeichner eingesetzt. Porträtarbeiten aus dieser Zeit lassen sich in seinem Nachlass jedoch nicht feststellen. Er erlebt das Kriegsende und wird am 08. Mai durch die Rote Armee befreit. Wochen später kehrt er in seine Heimatstadt Hamburg zurück.

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